Reisen in den arktischen Regionen

Textdaten
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Titel: Reisen in den arktischen Regionen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 531-532
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1853
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[531] Reisen in den arktischen Regionen. Das Ziel, wonach England seit drei Jahrhunderten gestrebt und wofür es unzählige Tausende von Pfunden geopfert hat, nämlich einen nordwestlichen, kürzern Handelsweg nach Indien durch das atlantische Meer um Nordamerika herum durch die Behringsstraße und Baffins-Bai ausfindig zu machen, ist endlich nach mehr als zwanzig Nordpol-Expeditionen (von denen die Franklin’sche bekanntlich immer noch spurlos verschwunden bleibt) von dem Capitän M’Clure erreicht worden, obgleich das ewige Eis, das auf der amerikanischen Seite der Nordpol- oder arktischen Gegenden sich thürmt, damit noch nicht aufgethaut ist. Die andere Seite der Nordpolmeere, die asiatische, mit den ungeheuern Strömen Sibiriens ist dagegen alle Jahre Monate lang ganz frei vom Eis und gefahrlos, so daß sich Kenner oft genug gewundert haben, warum die englische Seeobrigkeit diesen offenen Weg nicht längst vorgezogen.

Wir unsererseits wollen die Obrigkeit der englischen Seeherrschaft hier nicht klug machen und beschränken uns auf Mittheilung einer Schilderung von der Art des Reisens durch das ewige Eis und das ewig frostgebundene Land am Nordpole, wie sie ein Lieutenant auf dem M’Clure’schen Schiffe kürzlich in einer englischen Gesellschaft machte. „Sie können sich wohl denken,“ erzählte er, „daß man in diesen arktischen Regionen nicht ganz so bequem reist, wie in den Ländern der Eisenbahnen und Civilisation. Die Natur ist hier ewig verschlossen und bietet kein Hälmchen, kein Stückchen Holz, keine Kohle. Was man auf der Reise braucht, muß man mitnehmen, natürlich [532] auch Haus und Bett. Wir machten's auf unsern Land-Expeditionen so: Ein Schlitten, von 4–6 Mann gezogen, schleppte Alles, was wir auf 40–50 Tage brauchten, hinter uns her, Zelt, Essen und Trinken, Küche und Alles, im Ganzen 200 Pfund Waare auf Jeden. Wenn wir 10–11 Stunden in einem Tage (oder vielmehr des Nachts, da die Sonne auf dem ewigen Schnee die Augen auf das Entsetzlichste quält) zurückgelegt hatten, schlugen wir unsere Herberge und unser Wirthshaus auf, das Zelt, machten Feuer, schmolzen Schnee über demselben und kochten damit Thee oder Grog, aßen, tranken, rauchten unsere Pfeifen und legten uns zum Schlafen zurecht. Zu diesem Zweck legten wir wasserdichtes Zeug auf den Schnee, darauf Buffalohäute, darauf uns, nachdem Jeder von uns sich in einen Sack gesteckt hatte. Der Wärme wegen schichteten wir uns dicht aneinander und zwar ganz so, wie Heringe in der Tonne: der Kopf des Einen drängte sich immer an die Füße des Andern. Dann wurden Pelzdecken über die ganze Gesellschaft gebreitet und dann geschlafen, aber gehörig, denn die Wege, die wir jedesmal zurückgelegt mit abwechselndem Ziehen des Lastschlittens, machten den Schlaf tiefer als auf Eiderdaunen hinter seidenen Vorhängen. Und niemals störte uns irgend der leiseste Laut Hunderte von Meilen ringsum in diesem großen, weißglänzenden, Tausende von Meilen sich ausbreitendem Tode der Natur.“