Reinstes Wasser
[668] Reinstes Wasser. Wo giebt es auf der Welt ein völlig reines
Wasser? Wo schwebt ein Tropfen, der aus weiter nichts als der
chemischen Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff besteht? Nirgends!
lautet die Antwort. Alles Wasser auf Erden ist mehr oder weniger
verunreinigt. Die reinste Quelle enthält aufgelöste Erdsalze; im reinsten
Regenwasser sind neben Staub gasförmige Bestandteile der Atmosphäre
aufgelöst, und selbst das mit größter Sorgfalt destillierte Wasser ist nicht
rein; es enthält Spuren der Glaskolben und Schläuche aufgelöst und ist
mit Luft gesättigt. Seit Jahrzehnten sind die Physiker bemüht, reinstes
Wasser darzustellen. Jüngst berichteten F. Kohlrausch und Ad. Heydwiller
der Berliner Akademie der Wissenschaften über derartige Versuche. Zehn
Jahre lang ließen sie ihre Apparate mit möglichst reinem Wasser gefüllt
stehen, so daß die Gläser aller löslichen Bestandteile beraubt zu sein
schienen, und destillierten dann Wasser, das sie vor jeder Berührung mit
der Luft verwahrten. So erhielten sie das reinste Wasser, das bis jetzt
jemals auf Erden vorhanden war; in einem Liter dieses Wassers
betrugen die Verunreinigungen nur einige Tausendstel Milligramm!
Eigenartig ist das Verhalten eines solchen beinahe chemisch reinen Wassers gegen
die Elektricität. Eine nur einen Millimeter lange Säule dieses Wassers bietet
dem elektrischen Strom denselben Widerstand wie ein 40 Millionen Kilometer
langer Kupferdraht von gleichem Querschnitt, ein Draht also, mit dem
man etwa 1000 Mal die Erde umspannen könnte. Durch bloße Berührung
mit der Luft sinkt dieser Widerstand sofort auf ein Zehntel, und durch
weitere Verunreinigung wird das Wasser zum guten Leiter. *