Pomologische Monatshefte:1. Band:5. Heft:Handbuch aller bekannten Obstsorten

Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 5, Seite 201–203
Johann Georg Conrad Oberdieck
fortgesetzt von:
Pomologische Monatshefte:1. Band:4. Heft:Handbuch aller bekannten Obstsorten
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Lebhafter Verkehr in den Baumschulen in Württemberg im Frühjahr 1855
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Die Fortschritte des landwirthschaftlichen Gartenbaus während der letzten zehn Jahre

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Handbuch aller bekannten Obstsorten, nach den Reifzeiten alphabetisch geordnet, mit möglichst vollständiger Angabe ihrer deutschen und ausländischen, wissenschaftlichen und vulgären Namen etc. von Freiherrn Ferd. v. Biedenfeld. – 1. Bd. Birnen. Jena bei Frommann 1854.
(Schluß.)

Hinsichtlich der Synonymen ist der Herr Verfasser im Allgemeinen, nach der Einleitung, der Ansicht, daß jeder, auch durch Irrthum und Unwissenheit im Volke irgendwo für eine Frucht vorkommende Name, als Synonym zu betrachten und mit anzumerken sey, und führt in dieser Hinsicht in der Einleitung z. B. die vielen Namen auf, die, nach Metzger’s bekanntem Werke, die Birn Wildling von Motte im südwestlichen Deutschland habe, doch finden sich diese vielen falschen Synonymen bei der Frucht im Contexte, und so ähnlich bei andern Früchten meistens nicht, was wir durchaus billigen, da theils eigentliche Synonymen immer nur solche mehrere Namen sind, die an verschiedenen Orten irgend eine Frucht für sich allem führt, und man auch die weiter verbreiteten falschen Synonymen, wenn sie angeführt werden, wenigstens als solche bezeichnen muß, theils wenn man alle durch Unwissenheit oder falsch versandte Reiser irgendwo vorkommende Synonymen aufführen wollte, man Folianten damit füllen könnte und doch wenn man dies gethan hätte, nur den Stein des Sisyphus gewälzt hätte, indem nach kaum zehn weiteren Jahren Unwissenheit etc. schon Hunderte von andern falschen Synonymen geschaffen haben würde. Die falschen Synonymen müssen wir möglichst bald zu begraben suchen. Wenn Metzger, Lucas und Concipient dieser Anzeige in ihren Schriften solche falschen Synonymen öfter mit angeführt haben, so möge der Herr Verfasser (s. Einleitung) ihnen das eben so wenig zum Vorwurfe machen, als daß sie in ihren Schriften überhaupt auf die Synonymik nicht geflissentliche Rücksicht genommen haben. Ihre Schriften sollten keine Handbücher der Obstkunde seyn, sondern hatten zunächst andere, und noch specielle lokale Zwecke, weshalb es nicht unzweckmäßig war, auch die in nächster Gegend vorkommenden falschen Synonymen mit Hinweisung, wo sie gebräuchlich seyen, mit anzugeben, um dadurch beizutragen, daß der unrechte Name in ihrer Umgegend erkannt und mit dem rechten vertauscht werden möchte. Es kann daher auch z. B. bei der vom Concipienten dieser Zeilen aufgeführten, von Humboldt’s Butterbirn nicht als Synonym Calebasse Bosc, wenigstens nicht ohne weitere Bemerkung aufgeführt werden, indem ich angegeben habe, daß ich die Frucht fälschlich unter diesem Namen, der der Bosc’s Flaschenbirn zukomme, von Burchardt erhalten hätte. So weit ich in meiner „Anleitung etc.“ auf die Synonymik Rücksicht nahm, ist es hauptsächlich nur geschehen, wo mir durch eigene Erfahrung unter Diel’schen Früchten Synonymen und Identitäten bemerklich geworden waren, und habe ich nur gelegentlich zu weiterer Aufklärung beigebracht, was mir gewisser geworden war, da ich so viel wie möglich nur selbst Wahrgenommenes geben wollte.

Der hauptsächlichste Mangel einer Schrift, wie die vorliegende, dürfte aber für deren lehrreichen Gebrauch durch andere, der seyn, daß die Synonymen zu sehr ohne alle weiteren Bemerkungen und meistens auch ohne Angabe [202] der Autoren, wo sie vorkommen, neben einander gesetzt sind. Es ist nun wohl möglich, daß kritische und nachweisende Bemerkungen hauptsächlich deßhalb wieder weggeblieben sind, weil sie das Buch zu sehr vergrößert und vertheuert hätten, um dem Verleger hinreichenden Absatz zu versprechen; auch hat allerdings am Schlusse der Einleitung der Herr Verfasser noch bemerkt, daß wo im Contexte die Autoren nicht angegeben seyen, die Notizen von van Mons, de Bavay, Tougard, Poiteau, Sickler, Dittrich etc. herstammten; doch weiß da der, welcher Belehrung und Aufschluß sucht und kritisch forscht, immer wieder nicht, bei welchem dieser oder nach anderen Autoren er die Frucht suchen soll, und wird man ohne kritische und nachweisende Bemerkungen immer häufig im Dunkeln bleiben, und die falschen Synonymen von den wahren nie trennen können. Man vergleiche, um diese Bemerkung begründet zu finden z. B. die Artikel Brüsseler Birn (wo auch wieder der Diel’schen für uns so wichtigen Frucht des Namens, nicht näher gedacht ist), Poire Madame (welcher Name durch eine Auslassung im Contexte fehlt), Frauenbirn, Sparbirn, Cuisse Madame, Windsorbirn und noch einige dahin gehörende; doch hier ist allerdings selbst für den Kundigsten ägyptische Finsterniß, die wohl nie mehr zu entwirren ist. Wir nehmen daher ein anderes Beispiel, Fréderic de Würtemberg (welche unbezweifelt identisch ist mit Diel’s Winter-Sylvester) findet sich p. 37. zwei Mal mit dem Beisatze van Mons, das erste Mal mit dem Synonym Vermillon d’Espagne, wo in Klammern bemerkt wird, die eigentliche V. d’Espagne stamme aus Spanien, habe bei ihrer Verpflanzung nach Frankreich diesen Namen erhalten, während die Spanische verloren ging, sey also eine andere, als die von van Mons erzogene, oder dieser habe ein Plagiat begangen; – das zweite Mal mit dem Synonym Roi de Württemberg, da vermuthet man nun wieder, die Diel’sche uns bekannte Frucht werde die seyn, welche auch Roi de Württemberg heißt, aber man wird vielleicht lange suchen müssen, um zu wissen, worauf die Angaben des Herrn Verfassers über die erste Fréderic de Württemberg sich gründen, da Vermillon d’Espagne auch nach seinem Buche sonst die Schönste Winterbirn und Spanische Herbst-Christenbirn bezeichnen, und kann Jeder, dem die bei der ersten Frucht angebrachten Data noch unbekannt sind, nicht eher selbst kritisch forschen, bis er aufgefunden hat, woher die Angaben entnommen sind. Oder wir schlagen die köstliche Holzfarbige Butterbirn auf, so ist verwiesen mit einem ? einmal auf Liegel’s Dechantsbirn, dann auf Fondante de Paris, bei dieser wieder auf Belle de Flandre, aber nicht auf Fondante des Bois, die sich doch auch im Register findet. Fondante des Bois im Contexte verweiset nicht auf Diel’s Holzfarbige Butterbirn und nennt als Synonym nur Belle des Bois, Nouvelle Gagnée à Heuze, Poire Davy, Poire Tougard, und bei Belle des Flandres wird weder auf die Holzfarbige Butterbirn, noch ein sonstiges Synonym verwiesen.

Concipient dieser Zeilen glaubt nun zwar, daß diese sämmtlichen Namen diejenige Frucht bezeichnen, die ursprünglich Fondante des Bois heißt, wie sie van Mons nannte, und Diel, ziemlich unrichtig, Holzfarbige Butterbirn übersetzte, wenn gleich er für die Frucht die Namen Nouvelle Gagnée à Heuze und Poire Tougard noch nicht fand; doch würde er um so lieber wissen, worauf die ganz abweichenden Angaben des Herrn Verfassers, der lange forschte, sich gründen, und wird es gewiß vielen Andern eben so gehen.

Vielleicht wären über die Belgischen Früchte noch einige Aufklärungen mehr gekommen, wenn der Herr Verfasser auch noch Bivort’s Album und die letzten Jahrgänge des Vilvorder Katalogs benutzt hätte, die demselben nicht zugänglich gewesen zu seyn scheinen, wo dann auch wohl die Artikel über Hardenpont’s Winter-Butterbirn und Beurré d’Arenberg anders ausgefallen wären, wo z. B. auch der Dielschen Birn Kronprinz Ferdinand von Oesterreich gar nicht gedacht ist, als nur im Register unter Kronprinz Ferdinand mit Hinweisung unter Zusatz eines ? auf Hardenpont’s Winter-Butterbirn, während die Diel’sche Frucht als Kronprinz Ferdinand von Oesterreich, wieder ohne weitere raisonnirende Bemerkungen, nur mit Verweisung auf Diel als Autor, wo sie vorkomme, p. 103. sich findet, da doch wohl entschieden ist, daß dieser Name[WS 1] mit Hardenpont’s Winter-Butterbirn, Glout Morceau, Amalie von Brabant, Fondante jaune superbe, Beurré de Kent etc. dieselbe köstliche Frucht bezeichnet, die[WS 2] nur irrig nach neuer Benennung durch Noisette in Frankreich, Beurré d’Arenberg heißt, welche letztere gewöhnlicher Colmar Deschamps, Orpheline d’Enghien etc. heißt, bei Diel aber noch eine wieder ganz verschiedene Frucht bezeichnet.

Noch bemerken wir, daß bei van Mons Sommer-Schmalzbirn irrig auf Fondante de van Mons verwiesen ist, indem dieser Name vom Concipienten dieser Zeilen einer von van [203] Mons ohne Namen erhaltenen Frucht gegeben ist und daß (vide p. XII. der Einleitung) nicht Concipient dieser Anzeige Roi de Rome als synonym mit Napoleon’s Butterbirn aufgeführt hat, unter welchem Namen ich von Burchardt und aus Enghien eine ganz andere Birn habe (s. meine Anleitung etc.), dagegen aber entschieden ist, daß die Große grüne Mailänderin, wie sie Diel versandte, die ich von Diel selbst und von wohl fünf anderen Pomologen ganz überein habe, mit Napoleon’s Butterbirn identisch ist.

Doch wir wollen über alle diese Einzelheiten mit dem Herrn Verfasser nicht rechten, und führen sie nur an, um zu zeigen, mit welcher Aufmerksamkeit wir sein so mühsames, schwieriges Werk aufgenommen haben, das seiner Natur nach bei einer ersten Ausgabe vollkommen nicht seyn konnte. Mit vielem Danke nehmen wir hin, was bereits geleistet ist, und wünschen, daß dem Herrn Verfasser Zeit und Munterkeit bleiben möge, bald auch die übrigen Obstklassen ähnlich zu bearbeiten.

Oberdieck.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: diese (vgl. Anzeige von Druckfehlern)
  2. Vorlage: bezeichnen, und (vgl. Anzeige von Druckfehlern)