Pomologische Monatshefte:1. Band:3. Heft:Die Obstausstellung zu Stäfa am Zürcher See, und Bemerkungen über die Obstcultur in der Schweiz

Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 3, Seite 88–93
Eduard Lucas
fortgesetzt als:
Pomologische Monatshefte:1. Band:6. Heft:Die Obstausstellung zu Staefa am Zürcher-See im Oktober 1854
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Welches sind die besten Frühzwetschen?
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Ueber eine neue Methode der Stecklingsvermehrung aller strauch- und baumartigen Gewächse
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Die Obstausstellung zu Stäfa am Zürcher See, und Bemerkungen über die Obstcultur in der Schweiz.
Vom Garteninspector Ed. Lucas in Hohenheim.

Von dem Verein für Landwirthschaft und Gartenbau im Kanton Zürich erhielt ich die überaus ehrenvolle und gütige Einladung, auf Kosten desselben zu dem Landwirthschaftlichen Fest, welches am 8. Oktober und den folgenden Tagen zu Stäfa, einem der reizendsten Punkte am Zürcher See stattfinden und mit welchem eine größere Obstausstellung verbunden seyn sollte, zu kommen, um bei der Bestimmung der Obstsorten mitzuwirken. Ich verhehlte mir keinen Augenblick die Schwierigkeit dieser Aufgabe, doch sagte ich von Herzen gern zu, in der sicheren Hoffnung, manche Obstsorten, die ich in unserer, der Schweiz bezüglich der vorherrschenden Obstsorten, sehr ähnlichen Bodenseegegend, kennen gelernt, dort wiederzufinden, sowie die von Bollwiller aus verbreiteten Sorten, die mir ebenfalls großentheils bekannt waren, zu finden, (indem von jenen Gärtnereien jährlich viele Sendungen in die Schweiz gehen), so daß ich also hoffen konnte, manche gute Bekannte unter den dortigen Obstsorten anzutreffen. Besonders aber durfte ich erwarten, viele höchst werthvolle, jenen Gegenden eigenthümliche und noch nirgends beschriebene Obstsorten kennen zu lernen, von denen gewiß nicht wenige einer allgemeineren Verbreitung werth seyen. Diese Erwartungen trafen vollkommen zu und wenn ich Einiges dazu beizutragen vermochte, daß zahlreiche Namen derselben Sorte auf den Diel’schen Namen zurückgeführt wurden (wobei mir Oberdieck’s „Anleitung“ stets als Richtschnur diente), daß ferner manche falsch bezeichnete Sorte ihren systematischen Namen erhielt, manche noch unbekannte nun ihrem wahren Werth nach beachtet wurde, so war der Vortheil, den ich für mich aus der Ausstellung gewann, doch ein ungleich größerer, sowohl dadurch, daß ich eine große Zahl mir noch unbekannter guter Obstsorten kennen lernte, als auch, daß ich die mir bekannten in den dortigen Formen und Abänderungen studiren konnte. Letzteres halte ich für einen Pomologen für äußerst wichtig; jemehr man Ausstellungen in verschiedenen Gegenden besucht und genau durchforscht hat, je schärfer prägt sich der Charakter der einzelnen Obstsorten uns ein und desto leichter sind wir im Stande, selbst unter bedeutenden Abweichungen in Form und Farbe doch die Sorte sogleich richtig zu bestimmen. Und der über dem Ausgang des Ausstellungslokals befindliche [89] Spruch: „Was hier dein Auge Schönes hat gesehen, es möge zwecklos nicht an Dir vorübergehen,“ galt mir als Mahnung auch für die vielen Freunde des Obstbaus, die diese schöne Ausstellung nicht besuchen konnten, hier Einiges über dieselbe mitzutheilen.

Mein Weg führte mich durch einen großen Theil des Kantons Thurgau. Schwerlich dürfte eine andere Gegend im Norden oder Süden bezüglich großartiger und gut gehaltener Obstpflanzungen den Thurgau übertreffen, den man mit allem Rechte einen großen Obstgarten nennen könnte. Diese Reihen von Bäumen, vorzüglich von Birnbäumen, unter denen besonders die Langbirn (Wadelbirn) und die Schweitzer Wasserbirn (Thurgaubirn), sowie die Langstielerbirn (Griese- oder Friesebirn) hervorragen, die in zahlreichen Exemplaren überall uns begegnen, setzen gewiß jeden Kenner und Freund der Obstkultur, der das erste Mal diese Gegend bereist, in Erstaunen. Feines Tafelobst darf man allerdings hier nicht in großer Auswahl zu finden hoffen; die vorherrschend angepflanzten Sorten dienen meistens nur zur Mostbereitung und zum Dörren (zu Stückli) aber gerade in dieser Verwendbarkeit zu ökonomischen Zwecken, in dem massenhaften Verbrauch, liegt der Grund, daß solche ausgedehnte Obstpflanzungen hier, wo der Boden einen so hohen Werth hat, doch zu den einträglichsten Kulturen gezählt werden. Allein die Bäume gehören auch nur solchen Sorten an, welche nach, man darf wohl sagen, hundertjährigen Erfahrungen als die tragbarsten und nutzbarsten, als solche, die ganz für die dortigen climatischen und Bodenverhältnisse taugen, anerkannt sind und kein Thurgauer würde der Behauptung beistimmen, daß ein Beurré blanc Baum mehr einträgt als die ganz ungenießbare Berglerbirn oder die dortige Weinbirn. Besonders nachahmungswerth erschien mir die Distanz von 40–50 Fuß, in welcher die Bäume auf den dortigen Matten (Wiesen) und Aeckern gepflanzt sind, und die ganz einfache Methode dieselben vor der Beschädigung durch die Ackerwerkzeuge zu schützen, sowie auch, daß größtentheils die Kronen gut ausgelichtet und von dem unfruchtbaren Innenholz befreit waren. Was jenen Schutz vor dem Pfluge betrifft, den man gewöhnlich durch das kostspielige Mittel, den Baum mit 3 starken Pfosten zu umgeben, nur vollständig erreicht, so wird hier in folgender Weise verfahren. Man häufelt die vorher aufgelockerte Erde um jeden auf Ackerland stehenden Obstbaum 1½–2′ hoch, in Form einer Ellipse an, ungefähr 4½′ breit und 7–8 Fuß lang. Der Pflug wird nun durch diese Erdhügel von dem Stamm abgeleitet, während er den Boden zwischen den Bäumen in der Baumreihe vollständig lockert und ebenso kann die Egge nicht an den Stamm gelangen und ihn beschädigen. Zugleich wird hierdurch das kostspielige Spaten (Umgraben) schmaler Erdstreifen von Baum zu Baum, wie es sonst oft üblich ist, entbehrlich gemacht. Dieses Auflockern und Anhäufeln der länglichen Erdhügel um den Stamm geschieht natürlicherweise immer vor dem Umpflügen und ich traf gerade jetzt an mehreren Orten Arbeiter bei diesem Geschäft.

In Zürich angelangt und von meinem verehrten Freund Regel, Obergärtner am Botanischen Garten auf’s herzlichste aufgenommen, besuchte ich einige dortige Gärten, die für den Obstzüchter besonderes Interesse darbieten, so namentlich die Gärtnerei des Herrn Fröbel[WS 1], die eine ziemlich bedeutende Baumschule enthält, in welcher [90] viele starke Hochstämme befindlich, und welche in ihrem Sortiment eine große Anzahl der neueren belgischen und englischen Obstsorten aufgenommen hat. In den schönen Anlagen des Bellevoir[WS 2], die unter der Leitung des Herrn Obergärtner Otto stehen, traf ich eine große Zahl schöner Hochstämme, Pyramiden und Spaliere, die noch zum großen Theil voll der herrlichsten Früchte hingen. Ueberhaupt ist die Cultur des feineren Gartenobstes in den Gärten von Zürich und den vielen Ortschaften am Zürcher See eine sehr vollkommene; besonders sah ich ganz vortrefflich gezogene und sehr ausgedehnte Hochspaliere (die der verdienstvolle Hempel vor circa 10 Jahren noch so warm empfohlen) in größter Vollkommenheit und so schön gezogen, daß ein Gärtner von Montreuil keinen Fehl daran gefunden haben würde; fast überall hingen noch große Mengen sehr ausgebildeter Früchte an denselben. Besonders wird die Beurré blanc, Beurré gris und St. Germain, sowie von Aepfeln die Pariser Rambour-Reinette (Große englische Reinette), Weißer und Rother Winter-Calville, sowie auch die Große italienische oder Schweizer Zwetsche und unsere gewöhnliche Hauszwetsche so erzogen. In Uerikon, wo mir einige der schönsten Hochspaliere, die wohl 30–40 Jahre alt seyn mochten, an Oekonomiegebäuden mit Holzwänden stehend, gezeigt wurden, welche fast die ganze Giebelwand bedeckten, auf Stämmen von über 15′ Höhe gezogen, drang sich mir die Frage auf: schaden diese so sehr ausgedehnten Spaliere nicht den Bauten? Allgemein erhielt ich eine bestimmt verneinende Antwort. Ich wünschte die vielen Architekten, die gegen diese, die Gebäude ebenso sehr verschönernden als dem Besitzer den größten Nutzen darbietenden Spaliere eingenommen sind, könnten dieselbe Versicherung hören und sich zugleich faktisch überzeugen, daß ihre Sorge hier zu weit gehe.

Sehr schön gezogene freistehende Spaliere sah ich in dem Gute „Rebenberg“ an der Straße nach Küßnach. In letzterem wahrhaft idyllisch schönen Ort blieb ich einen Tag bei Herrn Seminarlehrer Kohler, (als tüchtiger Lehrer der Landwirthschaft und Redakteur der Landwirthschaftlichen Zeitschrift auch in weitern Kreisen rühmlichst bekannt) und ging mit demselben die über 300 verschiedene Obstsorten umfassende Obstsammlung durch, welche von der dortigen Gemeinde für die Ausstellung bestimmt war. Ich ordnete sie unter thätigster Beihilfe von Freund Kohler nach dem von mir in den „Kernobstsorten Württembergs“ publicirten System, welches sich auch hier wieder als praktisch und leicht durchzuführend bewährte. Hier sah ich dicht am Zürcher See, in Kohler’s Garten eine Reihe überaus regelmäßig erzogener hochstämmiger Kugelbäume mit edlen Pflaumensorten, die dem Cultivateur alle Ehre machten; die Späte Mirabelle, sowie die Reineclaude von Bavay und einige andere Pflaumen hingen ganz außerordentlich voll und ich habe die erstgenannte Sorte erst jetzt recht schätzen gelernt. Ueber diese Cultur edler Pflaumen hat Herr Kohler nächstens diesen Blättern einen schätzbaren Beitrag zu liefern versprochen.

Hier, wie in verschiedenen anderen Gärten der dortigen Gegend, sind viele Pyramiden auf Wildlinge veredelt angepflanzt; man wendet das Pincement u. Cassement (Brechen der jungen Triebe während des ersten und beim Beginne des zweiten Triebes) sehr viel an, und bändigt dadurch sowohl den zu starken Wuchs, als wirkt wesentlich [91] auf Regelmäßigkeit der Form hin. Wird hiermit das Abstoßen einzelner Wurzeln verbunden, so können wir eben so fruchtbare Pyramiden und Spaliere erziehen auf Wildlinge veredelt, wie auf Johannis und Quitten. Letztere Unterlage scheint mehr und mehr in den Hintergrund zu treten; mehrere Pomologen, die noch vor 10 Jahren nur auf Quitten veredelte Birnzwergbäume pflanzten, wollen jetzt nur mehr auf Wildling veredelte Pyramiden und Spaliere, die allerdings an Dauerhaftigkeit und Schönheit jene weit übertreffen und bezüglich ihrer Fruchtbarkeit ihnen, bei richtiger Behandlung, durchaus nicht nachstehen.

Wenn auch der Obstbau am Zürcher See in vieler Hinsicht auf einer hohen Stufe steht, so erreicht er den des Thurgau doch nicht und ist noch mancher Verbesserung fähig. Ein Vortrag darüber, wie der Obstbau im Kanton Zürich noch vollkommener und nutzbringender betrieben werden könne, den Regel in der öffentlichen Sitzung des Landwirthschaftlichen Vereins am zweiten Tage der Ausstellung hielt, wird gewiß gute Folgen haben. Ein Auszug aus demselben (nach der Zürcher Zeitung vom 15. Oktober 1854) möge hier Platz finden.

„Nachdem der Redner zuvor darauf hingewiesen, daß unser Obstbau, gegenüber dem der Nachbarländer (Thurgau, Württemberg) durchaus nicht auf der hohen Stufe stehe, wie die andern Zweige unserer Kulturen, anerkennt er, daß man auch bei uns manchen gut unterhaltenen Obstgarten sehe. Dahingegen werde auch noch sehr vieles, der Kultur kaum werthes Obst gezogen und in Bezug auf die Behandlung der Bäume noch vielfach gefehlt.

In ersterer Beziehung werde die Ausstellung bleibende Resultate für uns haben. Unter Mithilfe des Garteninspector Lucas sey es gelungen, eine große Zahl der aufgestellten Obstsorten richtig zu benennen, so daß, darauf gestützt, der Verein nun die für uns geeigneten vorzüglichen Obstsorten zur allgemeinen Kultur empfehlen könne. Auf dem gleichen Platz, mit der gleichen Sorgfalt gedeihe eine werthvolle in besserem Preise stehende Obstart, oder eine dankbar tragende Sorte gegenüber einer geringeren oder undankbar tragenden; durch nicht zu dichte Pflanzung von Obstbäumen auf Wiesen und Feldern werde diesen ein hoher Nebenertrag abgewonnen, der bei den hohen Preisen unserer Ländereien nicht zu verachten sey; dagegen sey es allerdings besser, lieber gar keine Obstbäume zu pflanzen als schlechte, für uns ungeeignete Sorten oder von der Ansicht auszugehen, es genüge, einen Baum gepflanzt zu haben, dann aber bedürfe derselbe keiner fernern Pflege.

Solche verwahrloste krüppelhafte Bäume, behaftet mit schädlichen Wunden, beladen mit Wasserschossen, Misteln oder Moos und Flechten, sehe man leider noch ziemlich häufig.

Man möge daher für die Folge nur bei uns erprobte Obstsorten anpflanzen, man wähle gesunde Exemplare, schneide an den Wurzeln alle schadhaften Stellen mit einem scharfen Messer glatt, man setze Krone und Wurzeln in’s Gleichgewicht und vermeide es ebenso sehr, die Aeste der Krone bis in’s alte Holz zurückzuschneiden, als gar nicht zu beschneiden. Man schneide vielmehr die Aeste in der Weise auf gesunde kräftige Augen zurück, daß sich die Krone gleichförmig nach allen Seiten ausbreiten könne. Für trockenen steinigen Boden wähle man Kirschbäume, für guten Boden Kernobst und Pflaumen. Das Setzloch mache man nicht zu klein, werfe es im Herbst wo möglich [92] schon aus, mische die Erde mit Kompost und pflanze die Bäume nicht tiefer in den Boden, als daß die obersten Wurzeln gerade noch mit Erde bedeckt sind. In feuchtem Boden drainire man oder pflanze die Bäume auf künstlich gebildete Erdhügel.

Von nun an soll man den Obstbaum unter’m Auge behalten, die Krone von innen heraus so ausschneiden, daß sich die Zweige gleichförmig nach allen Seiten ausbreiten und allenthalben Licht und Luft zu den Früchten treten kann, die schädlichen Wasserreiser, welche dem Baume die besten Kräfte nehmen, entferne man, dulde keine, ebenfalls auf Kosten des Baumes lebende, Mistel und kratze, wenn es einigermaßen die Zeit erlaubt, Moos und Flechten ab. Im Herbst lege man Theerbänder gegen den Frostnachtspanner an und im Winter entferne man die Raupennester. Unsern fleißigsten Vertilgern des Ungeziefers, den zahlreichen Singvögeln, Meisen, Spechten, lasse jeder Landwirth seinen Schutz zu Theil werden.

Beim Wegschneiden von Aesten endlich mache man den Schnitt glatt am Stamm und bestreiche denselben mit Theer. Wo Stumpen stehen bleiben, unrein abgeschnitten oder gar abgehauen wird, da entstehen unheilbare Wunden, die später Kernfäule und Brand herbeiführen. Durch das Bestreichen mit Theer wird aber das Wasser abgehalten in die Wunde zu dringen, bis sie von junger Rinde wieder überwallt.“

An diesen Vortrag mich anschließend, empfahl ich die weitere Verbreitung einiger, nach den Ergebnissen der Ausstellung hier noch wenig vorkommender Obstsorten, namentlich der Englischen Winter Goldparmäne, die wohl von allen neueren Obstsorten sich am meisten in Nord- wie Süddeutschland durch Wuchs, schnelle und reiche Tragbarkeit und vorzügliches Gedeihen die Gunst der Freunde der Obstkultur erworben hat, die Große Casseler Reinette, Ananas Reinette, Muskat Reinette u. s. w., sowie die Grumkower Winterbirn, Capiaumonts Herbstbutterbirn, Champagner Bratbirn. u. a. Dagegen wünschte ich dem herrlichen Pomeranzen Apfel, dort Breitaar genannt, sowie den delikaten und so äußerst tragbaren Usierapfel, (beides Zürcher Sorten) in andern Gegenden dieselbe Verbreitung, in der sie hier gezogen würden. Bei dem Pomeranzen-Apfel, den Diel zu den Plattäpfeln stellt, ich dagegen[1] zu den Rambour Reinetten zog, überzeugte ich mich, daß ich völlig Recht hatte. Dieser war in solcher Größe und Vollkommenheit da, das ich den in meinem Obstgarten am Hause befindlichen Apfel mehreremal hier kaum wieder erkannte, und einigemal für eine Pariser Rambour Reinette hielt. In jener Gegend ist er einer der mit Recht geschätztesten Obstsorten.

Ich wies ferner darauf hin, das ein fleißiges und sorgfältiges Umpfropfen unfruchtbarer aber noch lebenskräftiger Bäume das beste Mittel sey, schnell den Obstbau zu verbessern. Allein die Art wie dieses gewöhnlich geschieht, verkürzt die Lebensdauer der Bäume nicht selten gar sehr, indem einestheils viele derselben durch Ueberfüllung von Säften den Brand und Krebs erhalten und allmählig absterben, anderntheils die Wunden häufig krank werden und von denselben ausgehend, Aeste und Stamm kernfaul werden.

Ich empfahl deßhalb (was auch schon Dittrich u. a. angerathen haben), die Bäume [93] im ersten Jahre, statt sie umzupfropfen, nur zurückzuwerfen, und so zu verjüngen. Hier können und sollen alle Schnittwunden mit Theer verstrichen, und dadurch die Aeste vor der Holzfäule gesichert werden. Von den in zahlreicher Menge hervortreibenden Wassertrieben dienen die kräftigsten und bestgestellten zur Grundlage für die sich regenerirende Krone und man veredelt in dieselben die aufzupfropfende Sorte durch das Pfropfen in die Seite, wobei 2–3 Reiser in jeden jener neuen Zweige im folgenden Frühjahre eingesetzt werden. Diese bepfropften 1jährigen Zweige werden über dem obersten Reise auf einen ½′ langen Zapfen geschnitten und an letzterem alle dort befindlichen Augen entfernt; es dient nur als Schutz für die hervortreibenden Edelreiser. Kleine wie größere Vögel, die hier und da durch Aufsitzen auf die Pfropfreiser dieselben abdrücken, werden sich des Zapfens als Ruhestätte bedienen und die Reiser verschonen; diese letzteren werden, sobald sie ½–1′ herangewachsen, mit Bast locker an den Zapfen angeheftet (Ende Juni) und dadurch sehr einfach und leicht vor dem Abbrechen durch Stürme geschützt. Im dritten Jahre, wenn zugleich der größere Theil der noch seither gelassenen Zugäste weggenommen wird, (es sollten immer beim Abwerfen nur jene Zweige weggeschnitten werden, die zum Umpfropfen bestimmt sind und alles andere Holz noch 1–3 Jahre bleiben und erst allmählig entfernt werden), können auch die Zapfen leicht weggeschnitten werden, da dann ohnehin die gewachsenen Edelzweige auf die Hälfte ihrer Länge eingestutzt werden müssen.

Vergleichende Beobachtungen, die ich auch dieses Jahr wieder machte über das Pfropfen in die Seite in seiner Anwendung zum Umpfropfen, stellen es außer allem Zweifel, daß die Reiser besser uns sicherer wachsen und mehr gesichert sind, als bei dem sonst üblichen Spalt- und Rindepfropfen.

(Fortsetzung im nächsten Heft.)

  1. In den Kernobstsorten Württembergs.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Leopold Karl Theodor Fröbel (1810–1893), bedeutender schweizer Landschaftsarchitekt und Pflanzenzüchter.
  2. Der Belvoir ist eine öffentliche Parkanlage in Zürich