Polnische Dichtung in deutschem Gewande/Von Lindau bis Konstanz
Ob wunderreich – vor meinem Angesicht,
Schweiz, die Karpathen überragst du nicht,
Wie Salomo, bei aller Majestät
Die Lilie nicht, die auf das Feld sich sät,
In ihrer Nacktheit klassischem Gewand:
Vom Adler und von Geistern nur bewohnt,
Seid ihr Karpathen, nur erhellt vom Mond,
Wenn matt er über dunklen Weihern strahlt
Die Fahrt beginnt, der Wind die Segel schwellt,
Wo Lindaus Leu die Wacht am Ufer hält
Auf steilem Fels, das Mähnenhaupt gereckt,
Dess’ Rachen schon so manchen Feind geschreckt.
Wie schmelzender Türkis in Fackelglut,
Als wälzten Feuerschlangen sich einher –
Erinnerungen gleich im Nebelmeer. –
Schon Baierns Alpenreich dem Blick entschwand,
Epheuumrankte Hütten, enggesellt,
Wie Geßners winzige Idyllenwelt,
Sich reihn, wo ich mir Fels-Titanen nur,
Stein-Jungfraun dacht’ als Bollwerk der Natur;
Denn Pfingsten war’s im wunderschönen Mai.
Bald füllte sich das Deck und munter klang
Des festgeschmückten Völkchens Jodelsang.
Nur ich, der Fremdling, stimmte nicht mit ein,
Bald wilder wird das Ufer. Rot wie Blut
Die Sonn’ erlischt im Wogenschnee der Flut;
Der Mond ersteht und hier und da ein Stern.
Schon auf der Alpen Hintergrunde fern
Darüber reckt sich still und feierlich
Die Gletscherwelt stets höher himmelan,
Als wenn sie dort kein Ende finden kann,
Wie, ob er auch die ganze Welt umkreist,
Schon aus dem Schaum der Fluten taucht das Bug
Des Schiffs, das uns zum schmucken Hafen trug:
Ich aber schritt am Felsenstrand entlang
Und lauschte bang der Wogen Nachtgesang,
Wie meiner Kindheit märchenhafter Traum,
Und sah die Sternlein, kaum noch dichtgeschart,
Erlöschen, wie auf weiter Pilgerfahrt
So mancher Feuerseele Jugendschwung