BLKÖ:Pichler, Joseph (Gemmenschneider)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pichler, Joseph von
Band: 22 (1870), ab Seite: 240. (Quelle)
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Pichler, Joseph (Gemmenschneider, geb. zu Rom um das Jahr 1760, nach Anderen schon 1740, Todesjahr unbekannt). Erscheint manchmal auch als Johann und noch öfter als Johann Joseph. Ein Sohn des berühmten Gemmenschneiders Anton P. [d. S. 229] und ein Stiefbruder des noch berühmteren Johann (Giovanni) P. [s. d. S. 235]. Joseph wurde vornehmlich unter der Leitung seines Stiefbruders Johann in der Kunst, welche diese Familie so meisterhaft handhabte, herangebildet. Er arbeitete viele Jahre in Rom, bis er einem Rufe als Professor der Steinschneidekunst an der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien folgte. Daselbst erhielt er den Auftrag, für Se. Heiligkeit den Papst von sämmtlichen kostbaren Steinen des kais. Antikencabinets Glasausgüsse zu machen. Die Pasten dazu hatte P. selbst noch in Italien bestellt und ausgesucht. Die Formen [241] wurden von ihm mit aller Genauigkeit von den Originalien unmittelbar genommen, und der besonders bei den größeren Stücken mit mächtigen Schwierigkeiten verknüpfte Ausguß der Glasflüsse in der k. k. Porzellanfabrik bewerkstelligt. Wenn nun auch nach dieser Methode Lagen, Farben und Darstellungen der Steine in der Paste wiedergegeben waren, so waren doch, da der Guß ohne Unreinheit und Rauheit nicht möglich, bei jedem Stücke Nachhilfe und Ueberarbeitung durch den Schliff nothwendig. Dabei hatten die mehrfarbigen Steine, besonders die Onyxe mit ihren von dem tiefsten Schwarz bis zum Weiß des Elfenbeins abgestuften Lagen, sowohl beim Schmelzen wie beim Schliffe sehr große Schwierigkeiten verursacht. Aber P. hat sie alle überwunden und Facsimilien dieser merkwürdigen und höchst kostbaren Kunstgebilde hergestellt, worüber Kenner in Bewunderung und Staunen geriethen. Am täuschendsten waren ihm die kleineren Stücke, insbesondere die Intaglios, gelungen, aber auch die Jaspisse, Achate, Niccoli und Lazursteine waren in Farbe und Glanz täuschend nachgemacht, nur bei wenigen erschien das Colorit etwas verändert. Die großen Onyxe und Sardonyxe: „Ptolomäus und Arsinoë“, „August und Roma“. „Tiber“ (nicht, wie es bei Nagler steht, Liber) im Brustbilde. „Der blitzschleudernde Jupiter“, die Familie des Kaisers Claudius, und dann die berühmte antike Onyx-Camee: „Die Apotheose des Augustus“, unterschieden sich kaum von den Originalen. Die Sammlung – ganz von P. ausgeführt – umfaßte mehrere hundert Stücke und wurde von dem Künstler im Jahre 1821 persönlich nach Rom überbracht und im Namen des Kaisers dem h. Vater übergeben. Von seinen Original-Arbeiten, sowohl Cameen wie Intaglio’s, sind vor Allem die Bildnisse des Kaisers Franz und des Papstes Pius VII., das letztere im Jahre 1817, vertieft in ovaler Form geschnitten und beide von beträchtlicher Größe, hervorzuheben.

(Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1821, S. 68. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XI, S. 275. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliographisches Institut, gr. 8°.) Zweite Abthlg. Bd. III, S. 1114, Nr. 6.