Palmsonntag in den Abruzzen

Textdaten
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Autor: Woldemar Kaden
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Titel: Palmsonntag in den Abruzzen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 213, 220
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[213]

Palmsonntag in den Abruzzen.
Nach dem Gemälde von C. Tiratelli.

[220] Palmsonntag in den Abruzzen. (Zu dem Bilde S. 213.) „Sie nahmen Palmenzweige und gingen hinaus, ihm entgegen, und schrieen: Hosianna, gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ Das sind die Worte des Textes, der am Palmsonntag in allen christlichen Kirchen der Welt laut wird, und die katholische fügt ihm noch ihre „Palmen“ hinzu, Zweige der Sahl- oder Palmweide, der am frühesten blühenden in Deutschland, wirkliche Palmwedel der Phoenix dactylifera, der Dattelpalme, in Palästina, Griechenland, Spanien und Italien, gebleicht und äußerst kunstvoll geflochten, aber an Stelle dieser auch Zweige der silberblättrigen Olive.

Der italienische Palmsonntagsjubel kommt unserem Christbaumjubel nahe. In den Abruzzen ziehen die Burschen in der Morgenfrühe freudig hinaus nach den Oelgärten, schlagen die wohlbelaubten Aeste aus den Wipfeln der Oliven und schleppen sie wie in Prozession vor das Portal der Pfarrkirche. Andere haben schöne „Palmen“ schon tags vorher bereitet, haben die feinsten Spitzen ausgeschnitten und um ein unbelaubtes Aestchen gebunden und das Kunstwerk durch buntes Papier, gemachte Rosen, flatternde Bänder und Flittergold vollendet.

Die Glocken läuten. Der Gottesdienst beginnt, und vor dem Altar steht es wie ein grüner Wald, den der Wind hin- und herbewegt. Die Bewegung wird lebhafter, die Stimmen erheben sich bei der heiligen Handlung der Palmenweihe, bei welcher die Zweige mit acqua santa besprengt und mit Weihrauch beräuchert werden. Dann eilt alles auf den rauhen Gebirgswegen nach Hause. Die geweihten „Palmen“ werden über die Thür, an den Spiegel, an die Krippen in den Ställen gesteckt: jedes Zweiglein bringt nach dem Glauben der Leute Glück und schützt vor Feuer.

Wer das Bedürfnis fühlt, mit dem schmollenden Liebchen oder dem grollenden Freunde Frieden zu schließen, schickt oder überbringt ihm die „Palme“. Dazu geht im Abruzzenland das Dialektsprüchlein:

     „Ecche la parma se vo’ fa’ la pace,
     Non è chiù tiempo da facce la guerra.“

(„Willst Frieden du, nimm hier die Palme an,
Der Krieg ist zwischen uns nun abgethan.“)

Die Mädchen benutzen die Palmsonntagspalme als Orakel. Sie werfen die Blätter auf die glühenden Kohlen und sprechen:

„Geweihte Palme,
Einmal im Jahr nur bist du uns gegeben,
Sag mir, ob ich das nächste werd’ erleben!“

Günstiges Zeichen ist’s, wenn dann die Blätter knisternd aufspringen.Woldemar Kaden.