Ode „Ich empfinde fast ein Grawen“
Ich empfinde fast ein Grawen
Daß ich / Plato / für vnd für
Bin gesessen über dir;
Es ist Zeit hinauß zu schawen /
In dem grünen zu ergehn /
Wo die schönen Blumen stehn /
Vnd die Fischer Netze stellen.
Worzu dienet das studieren
Vnter dessen laufft die Bach
Vnsers Lebens das wir führen /
Ehe wir es inne werden /
Auff jhr letztes Ende hin /
Dieses alles in die Erden.
Hola / Junger / geh’ vnd frage
Wo der beste Trunck mag seyn /
Nimb den Krug / vnd fülle wein.
Wie wir Menschen täglich haben
Eh’ vns Clotho[1] fort gerafft
Will ich in den süssen Safft
Den die Traube gibt vergraben.
Vnd vergieß deß Zuckers nicht;
Schawe nur daß nichts gebricht.
Jener mag der Heller schonen /
Der bey seinem Gold’ vnd Schätzen
Vnd nicht satt zu Bette legt:
Ich wil weil ich kann mich letzen.
Auff die Music vnd ein Glaß:
Als ein Trunck vnd gute Lieder.
Laß’ ich schon nicht viel zu erben /
Ey so hab ich edlen Wein;
Wil mit andern lustig seyn /
Anmerkungen
Übergeschriebene Buchstaben werden als moderne Umlaute wiedergegeben.
- ↑ Klotho (lat. Nona): eine der Moiren (Schicksalsgöttinnen), die jedem sein Geschick zuteilen