Oberlandesgericht München – Flaschenbier-Ausschank

Textdaten
Autor: Oberlandesgericht München
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Titel: Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichts München vom 21. Februar 1890
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aus: Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern, Königreich Bayern, Band 1890, Nr. 10, Seite 89–90
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Kurzbeschreibung: Für die Schankerlaubnis ist es unerheblich, ob Fass- oder Flaschenbier abgegeben wird
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Aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichts München vom 21. Februar 1890
in Sachen gegen J. G. D., Bauer von K., wegen Vergehens des unbefugten Betriebs einer Schankwirthschaft.

Nach § 147 Ziff. 1 der Reichs-Gew.-Ordn. wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark und im Unvermögensfalle mit Haft bestraft, wer den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes, zu dessen Beginn eine besondere polizeiliche Genehmigung erforderlich ist, ohne die vorschriftsmäßige Genehmigung unternimmt oder fortsetzt, oder von den in der Genehmigung festgesetzten Bedingungen abweicht.

Dieser Strafvorschrift ist der Angeklagte verfallen, nachdem er, wie feststeht, seit Frühjahr 1889 den selbständigen Betrieb der Schankwirthschaft als eines stehenden Gewerbes, zu dessen Beginn polizeiliche Erlaubniß erforderlich ist, ohne die vorschriftsmäßige Genehmigung unternommen hat. – – –

Die Revisionsbehauptung des Angeklagten, es habe von der Strafkammer ein Bierausschank um deswillen nicht angenommen werden können, weil das Bier von ihm in verschlossenen Flaschen abgegeben worden sei, ohne daß er den Käufern ein Trinkgefäß zur Verfügung gestellt habe, geht fehl. Unter „Ausschänken“ ist nämlich das zum Genuß auf der Stelle stattfindende gewerbsmäßige Getränkeverkaufen zu verstehen (Urth. d. O.-L.-G. München vom 30. Juni 1883, Entsch. Bd. II S. 389.) Nachdem der Angeklagte behufs Erzielung von Gewinn seit Frühjahr 1889 fortgesetzt den Verkauf von Flaschenbier an Jedermann zum Genuß auf der Stelle bethätigt hat, kann es darauf nicht ankommen, ob er den Käufern auch ein Trinkgefäß verabreicht hat oder nicht, da einerseits die verabreichten Flaschen das Trinken des darin enthaltenen Bieres ohne weiteres Trinkgefäß ermöglichten, und anderseits, wie feststeht, die Absicht des Angeklagten dahin ging, daß die Abnehmer das verkaufte Bier auf der Stelle aus der Flasche verzehren, er auch an manche Abnehmer nach Leertrinken einer Flasche sofort eine weitere abgab.

Selbstverständlich setzt der Betrieb einer Schankwirthschaft einen Platz voraus, an welchem der Genuß des geschänkten Getränkes stattfinden kann. Es hat jedoch das Reichsgericht in seinem Urtheile vom 7. Juni 1888 (Rechtsprechung Bd. X S. 422) schon ausgesprochen, daß der Schankwirth keineswegs das Recht gehabt haben müsse, über den Platz nach seinem Belieben zu verfügen, und ebensowenig, daß auf dem Platze besondere Vorkehrungen zum Genusse getroffen sein müssen, oder daß der Platz ausschließlich dem Zwecke des Betriebes der Schankwirthschaft diene, daß vielmehr, was Ort und Zeit des Genusses betreffe, das Wesentliche nur darauf beruhe, daß nach der Absicht des Schankwirthes die Getränke alsbald verzehrt [89] werden sollen. Nun haben aber die Abnehmer des von dem Angeklagten verkauften Bieres Platz genommen auf vor dessen Hause wenn auch auf Gemeindegrund stehenden Bänken und Brettern, auf im Garten und in der Holzlege des Nachbars befindlichen Bänken und Brettern, insbesonders aber auch auf Geräthen des Angeklagten in dessen eigenem Hofraum und Garten, und haben dort das gekaufte Bier getrunken.

Nachdem dies die Absicht des Angeklagten gewesen ist, und nachdem er, wie feststeht, den Käufern nicht blos das Bier, sondern auch den mit der Verkaufsstätte räumlich zusammenhängenden Verzehrungsplatz gewährt hat, ist dargethan, daß J. G. D. das Flaschenbier verkauft hat in der Absicht, damit es unmittelbar nach dem Verkaufe vor seinem Hause nächst desselben, und insbesonders in seinem eigenen Hofraum und Garten getrunken werde.