Oberlandesgericht München – Bierausschank auf Lagerkeller

Textdaten
Autor: Oberlandesgericht München
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Titel: Auszug aus einem Erkenntnisse des k. Oberlandesgerichtes München vom 18. September 1888
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aus: Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern, Königreich Bayern, Band 1888, Nr. 36, Seite 398–399
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Kurzbeschreibung: Das Recht der Bräuer auf Bierausschank auf den Lagerkellern in Bayern bleibt erhalten
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Auszug aus einem Erkenntnisse des k. Oberlandesgerichtes München vom 18. September 1888
in der Sache gegen den Bräuereibesitzer J. D. von B. wegen unberechtigter Gewerbeausübung:

Zwar bestimmt die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich in §. 33, daß derjenige, der eine Schankwirthschaft betreiben will, hiezu der Erlaubnis bedürfe. (Reichsges.-Bl. 1883 S. 177.)

Jedoch statuirt das Reichsgesetz vom 12. Juni 1872, die Einführung der Gewerbeordnung in Bayern betreffend, von dieser Regel insoferne eine Ausnahme, als es im §. 1 Abs. 2 die Anordnung [399] getroffen hat, daß, insoweit bisher in Bayern der Ausschank des eigenen Erzeugnisses an Getränken ohne polizeiliche Erlaubniß statthaft war, es auch in der Folge einer solchen nicht bedürfe (Reichsges.-Bl. 1872 S. 170 ff.), so daß die Vorschrift des Art. 9 lit. b Ziff. 1 des bayer. Gesetzes vom 30. Januar 1868, das Gewerbswesen betreffend, wonach der Ausschank des eigenen Erzeugnisses den Bräuern in einem hiefür bezeichneten Lokale und auf ihren Lagerkellern gestattet bleibt (Ges.-Bl. 1866/69 S. 309 ff.), auch jetzt noch rechtliche Geltung hat.

Wie sich aus der Entstehungsgeschichte der oben allegirten Stelle des bayer. Gewerbsgesetzes ergibt (Verhandlungen der Kammer der Reichsräthe 1867/68 Prot. Band III S. 308 und Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten von 1867/69 Sozialgesetzgebungsausschuß Abth. II S. 410 ff.), sollten durch dieselbe die bisher den Bräuern zugestandenen und durch den §. 72 der Verordnung vom 21. April 1862, den Vollzug der gesetzlichen Grundbestimmungen über das Gewerbswesen betreffend, Reg.-Bl. 1862 S. 714, 787, zum Ausdruck gelangten Schankbefugnisse nicht blos erhalten, sondern vielmehr durch Aufhebung der Beschränkung des Bierausschankes auf den Lagerkellern während der Sommermonate erweitert werden, so daß also den Bräuern die Verleitgabe ihres Bieres auf ihren Kellern während des ganzen Jahres gestattet ist, und zwar, ohne daß es darauf etwas anzukommen hätte, ob Sommer- oder Winterbier verleitgegeben wird, indem durch die allerhöchste Verordnung vom 19. Mai 1865 (Reg.-Bl. S. 537) die Bestimmungen über die Regulirung des Biersatzes etc. vom 1. Oktober 1865 an versuchsweise aufgehoben worden waren und nun durch §. 72 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich gänzlich beseitigt sind.

Mit der Freigabe des Bierpreises und hiemit auch der Gußführung (V.-O. v. 25. April 1811 Art. 12 Tit. 1, Reg.-Bl. S. 617 ff.) hat aber der gesetzliche Unterschied zwischen Winter- und Sommerbier aufgehört, und kann daher, beim Wegfall dieses Unterschiedes, auch als Lager- oder Sommerkeller nicht mehr ein lediglich zur Ablagerung von Sommerbier dienlicher Raum bezeichnet werden, und zwar um so weniger, als als Sommerbier nur jenes Bier in Betracht kommen könnte, zu dessen Herstellung auf höchstens 6 Eimern ein Schäffel Malz und 5 Pfund Hopfen verwendet werden müßten, welche Zwangsvorschrift jedoch nicht mehr besteht. –

Hienach muß nun jeder von der Bräustätte getrennte Keller als ein Lagerkeller dann erachtet werden, wenn er geeigenschaftet ist und den Zweck hat, zur Einlagerung von Bier und zwar ohne Unterschied des Bieres, behufs Erlangung der erforderlichen Reife desselben, zu dienen, wie solches auch die dießgerichtliche Rechtsprechung anerkannt hat. (Sammlung, Bd. III S. 418.)