Neumondkalender gegen Herzog Karl den Kühnen von Burgund

Textdaten
Autor: Unbekannt
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Titel: Neumondkalender gegen Herzog Karl den Kühnen von Burgund
Untertitel:
aus: Harvard University, Houghton Library, MS Ger 74, Bl. 12v-15r
Herausgeber: Eckehard Simon
Auflage:
Entstehungsdatum: 1474/75
Erscheinungsdatum: 1975
Verlag: Max Niemeyer Verlag
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Erscheinungsort: Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Eckehard Simon, An Unpublished Poem on Charles the Bold and the Burgundian Wars Dated 1475, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (Tübingen) 97 (1975), S. 68-87, hier S. 70-75 Scans auf Commons
Kurzbeschreibung: Reimpaargedicht in Form eines Neumondkalenders über Karl den Kühnen und die Burgunderkriege
Siehe auch Burgunderkriege mit weiteren Nachweisen.
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[70] Herzog Karl der Kühne und die Burgunderkriege, 1467-1475

[12v] Anno etc. 1475°

1. Die gelerten maister der gestyrn
- nach pra[c]ticieren ir künstreichen hyrn -
gănd uff bedütunge offenbar,
wie es sich werd machen dises jăr.

5
einer maint es werd warm, der ander kalt:

jst zu uerstăn gewalt wider gewalt,
so wider einander sollen vechten.
got helff allen gerechten
des hailigen reichs dütscher nacion

10
zů hanthabunge der kaiserlichen kron,

als dem brunnen der gerechtikait.
so wirt diß jar geschriben vnd gesait
xiiijclxx vnd fünff an der zal
vnd xiij schein zu tal,

15
vnd A den sontags bůstaben,

vom cristtage vj wuchen
bis zů der pfaffenvasnacht:
xiij ist der guldin zale macht etc.

2. Burgundeschi hoffart hat hoch geflogen

20
zway măl jn Franckreich gezogen,

großmütigkait begangen nach seinem lust.
wa er ainen stryt wust,
wolt er lieber sechen todschlachens glantz,
dann stoltzer frawen frölichen tantz:

25
da merckt einen lieben frawen man.

doch er die fremden Lamparter kan
verwilligen by jme zu veltleger.

[71]
frawen tugent wer jm weger,

wann frawen sind zů friden genaigt,

30
als daz erste newe zaigt

uff sampstag nach der dry künge tag,
so die glogk tags zwelffe vermag.

3. Sein geytikait hat noch nit landes gnůg,
sonder brăcht an sich litticher landes pflůg.

35
darnach daz gelerisch hertzogthům.

darnach tet er jn hohem rům
werbunge vmb ein küngklich kron,
jm ward kayserliche antwurt schon
nach rat der fürsten zü Trier.

40
dannen macht er sich schier

vnd zoch in tütsche pfantschaft,
die hat er mit Hagenbachs handel vergafft.
darumb bot man jm seinen pfantschilling,
darüber begert er andre vnbilliche ding.

45
das findent sich uff montag nach pfaffenuast,

so die glock xij in der nacht tast.

4. Darnach nam er sich an nid vnd haß,
so in dem stifft zu Cöln kriegende was.
wiewol er nit bischoff was oder caplan,

50
so wolt er doch gern ein aigen stat han;

für die er uff fritag nach Jacobi kam
vnd anfang seins veltlegers nam.
vnd maint alda zu warten stryt,
nach dem die stat sinem lande năhe lyt,

55
[72]
sie zů erkobern ùber not

oder sie alle zu schlagen tot
wider got ere vnd recht.
doch komt daz dritte newe schlecht
vff dinstag nach Gregorij

60
nachmittag zů zwain vren fry.


5. Er hat willen zů ziechen den Rein uff
vmb [13v] vnd vmb zu gryffen daruff
vnd desßhalb angefangen zu Newsßs.
alda begeint jm vil gestrewsßs:

65
sie schiessent zu jme als der donder,

aber sein schiessen ist jn kain wonder.
es gibt jn also vil ze schaffen,
als man lütet zu p[re]sentz der pfaffen
vff iren höchsten genießs.

70
so zaigt daz fierde newe seinen spies

uff donrstag nach sant Amb[r]osien tag,
vormittag zu dem zweygsten schlag.

6. Er acht jn seinem zorn so er tobet
nit, ob man jn schiltet oder lobet,

75
sonder es gült jm alles eben gleich.

auch so enwill er nit keren sich
an siner selen haile oder an got:
er verachtet kayserliche vnd bäpstliche gebott
vnd spricht: „got richt uß dem himelrich

80
vnd laß vff erden vngejrret mich!“

des grossen Alexanders hystorien můß man im lesen,
als ob er main sein gleich wesen.
des fritags nach vnsers hern vffart,
nachmittag zu zwain wurt es jm hart.

85
7. Vsß sinem clăwen frisset er als ein ber,

was man im credentzet der.

[73]
stoltzlich sieht man jn sitzen zů tisch;

es sy wildpret oder visch
můß man im dar tragen mit hohem brangen.

90
er achtet nit armer lüt bezwangen,

sonder gedenckt er jn hochem můt,
wie er gewynn me [14r] lüt vnd gůt.
gewynn auch me land vnd stet,
wiewol er ir laider zu vil het.

95
das claget der sontag nach Erasmi

morgens frü vm die dry.

8. Dem rechten in gottes dienst ist er so holt,
daz er vil lieber dienen wolt
der tüffelschen hilff allzuhant,

100
vmb daz er Newsß vnd cölner lant

möchte bringen in seinen gewalt.
ob sin sele warm oder kalt
jn hellen grunt wurd uersenckt,
oder ob sin ere wurd gekrenckt

105
nach bäpstlicher vnd kayserlicher gerechtikait:

das alles verspottet er als man sait
vff montag nach vnser frawen visitacio
nachmittag zů dem fierden also.

9. Cristenliche gesetz halt er schlecht,

110
als ob er wäre des Dürcken knecht,

der doch von den x botten nit haltet,
sonder cristenglauben schmelich verschaltet.
denselben tyrannen solt er helffen vertriben.
so liept jm by den Lampartern zu bliben,

115
die hat er zu götlicher schmăhait geladen

vff der hailigen colnschen kirchen schaden,
wider des bäpstlichen stůls mandat
auch wider gebot der kayserlichen maiestat
begert mitwuch nach sant Peters gefengnuß

120
daz viij newe, vormittag zü fünffen gewiß.


[74]
10. Den Lamparten ist er hold,

auch so hănd sie lieb seinen sold.
er uerhengt ir art răben vnd stelen:
das hănd sie getriben ŏne helen

125
vß [14v] obern Burgundien jn kirchen vnd clusen.

das cläglich mortgeschray ward susen
von manchem vnschuldigen cristen,
die wölle der almechtig got fürbas fristen
jn obern vnd nider tütschen landen,

130
die da sind jn des hailigen reichs handen.

vff donrstag nach Adolffi
nachmittag zu vj vren oder năhe da by.

11. Er spricht, es sind frisch gesellen,
sein diener die vorn dran wöllen

135
jn strytes spitz oder sturm.

er acht ir einen als ein wurm.
jst das er wirt geschlagen tot,
so hat er darumb kain not;
dann welcher verlüret sein leben,

140
dem darff er kainen sold geben.

wer da mag, nympt des toten habe,
wer jn aber bestattet zů grabe,
das waist der liebe got wol,
der daz zehende new geben sol.

145
dem sampstag nach sant Michael

zů vij vormittag ŏne fel.

12. Den mortbösen geschichten zu străff
brach manig fromm man sein schlăff
vor Ellekort schloß vnd stat,

150
bis got der almechtige gefüget hat,

das der ùbelndether gar vil komen
vnd in ir flucht todes străff nomen;
vil erstochen, erschlagen vnd verbrant,
als sie mit ùbeltăten verschuldet hănd.

155
got sy gnädig vns allen,

so wirt daz xj newe fallen

[75]
des sontags nach Symonis vnd Jude

nachmittag zu viij vren ein wenig ee.

13. Got vnd die weit lacht,

160
daz die kayserlich maiestat ist erwacht

vnd tůt des hailigen [15r] reichs vndertăn
dem Türcken von Burgundien widerstăn.
sin hoch, stoltz, můtwillig fürnemen
mit dem swert zu diemütikait zemen

165
vnd in machen einen gehorsamen des reichs,

vnd fürbas tüe niemant kain vngleichs.
vff dinstag vor Andree
vormittag zu viij vren ein wenig me.

14. Der hailig himelfurst sant Kürin

170
behüttet Newsß die stat sein,

vmb daz er jr kirchen husherr ist
vnd jm da gedient wirt zů aller frist,
dem almechtigen got vnd Marien zu eren.
die wöllen solichen hochmůt weren

175
vnd jnen helffen frw vnd spat

vß allem kummer vnd not.
die gnăde wölle sant Johanns zů wyhennächten
zu acht vren nachmittag vlißlich betrachten
vnd vns zů trincken geben sinen segen,

180
das wir gesegnet sint alle wegen

zů lyb vnd sele ewiclich
mit den hailigen engeln jm himelrich.

Anmerkungen (Wikisource)

Zum Typ des poetischen Neumondkalenders siehe etwa Hans Erhart Tüschs Kalender für 1482 Commons und Eckehard Simon, The "Türkenkalender" (1454) Attributed to Gutenberg and the Strasbourg Lunation Tracts, Cambridge/Mass. 1988 (mit jüngerer Edition des Textes).

In Vers 15 wurde die Verbesserung aus dem Korrektur-Beitrag Eckehard Simon, The Thirteen New Moons of 1475: A Corrective Note on the Poem Against Charles the Bold, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (Tübingen) 98 (1976), S. 424-429, hier S. 426 übernommen (A statt an).