Nachruf Carl Joachim Thomas Haupt

Textdaten
Autor: unbekannt
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Titel: Carl Joachim Thomas Haupt
Untertitel:
aus: Neues Lausitzisches Magazin, 58. Jg.
Herausgeber: Prof. Dr. Schönwälder
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Selbstverlag der Oberlausitzer Gesellschaft der Wissenschaften
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Erscheinungsort: Görlitz
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Carl Joachim Thomas Haupt.

Am 29. Mai d. J. starb zu Lerchenborn der dasige Pastor Carl Joachim Thomas Haupt, der oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften und vieler anderer wissenschaftlichen Gesellschaften und Vereine correspondirendes Mitglied. Geboren im Pfarrhause zu Kottwitz, Saganer Kreises, am 12. August 1829, übersiedelte er mit seinen Eltern nach Freiwaldau und Görlitz und erhielt seine erste wissenschaftliche Bildung in der dasigen, durch Professor Kaumann neu gegründeten höheren Bürgerschule und dem alten Gymnasium unter dem Rektor Anton und bezog nach wohlbestandenem Abiturientenexamen die Universität Leipzig, wo er in den Jahren 1851 bis 1853 sich dem Studium der Theologie widmete. Von 1853 bis 1854 studirte er hierauf in Halle, um zugleich daselbst seiner Militärpflicht zu genügen. Ins väterliche Haus zurückgekehrt, bereitete er sich zum Examen vor und gab Unterricht in Religion, Geschichte und Literatur in dem Kosmehlschen Institute. Nachdem er seine Examina bestanden, wirkte er als Lehrer an dem Peynalschen Institute in Hamburg von 1856 bis 1858 und von 1860 bis 1864 am freiadeligen Magdalenenstift in Altenburg. Die Direction beider Anstalten ertheilten ihm über seine Lehrthätigkeit die ehrenvollsten Zeugnisse.

„Sein lebendiger Vortrag, unterstützt durch eine blühende Sprache, ist eben so belehrend als interessant gewesen.“

„Besonders hervorzuheben ist seine klare, faßliche Darstellungsweise und eine große Gewandheit in freien Vorträgen über die verschiedensten Gegenstände.“ Das ist der Wortlaut dieser Zeugnisse.

Nach einer in Lerchenborn abgehaltenen Probepredigt wurde er ohne jegliche Concurrenz unter dem 6. April 1864 von dem dasigen Patrocinio zum Pfarrer daselbst berufen und hat dieses Amt vom Pfingstfest desselben Jahres bis wieder zu diesem Feste achtzehn Jahre lang mit großer Treue in Segen verwaltet. Er war ein beliebter Prediger und gewissenhafter Seelsorger, der sich der Armen, Kranken und Hilfsbedürftigen getreulich annahm und besonders der heranwachsenden Jugend seine Theilnahme zuwendete, wie er denn auch mehrere junge Leute aus seiner Gemeinde mit gutem Erfolge zum Seminar vorbereitete. Dabei war seine wissenschaftliche Thätigkeit so unermüdlich wie vielumfassend. Nicht genug, daß er auf dem Gebiete der Theologie sich stets auf dem Laufenden erhielt, widmete er einen großen Theil seiner Zeit auch eingehenden germanischen Sprach-, Alterthums-, Mythen- und archäologischen Studien und Forschungen. Schon als Candidat gewann seine Sammlung lausitzischer Sagen den von der oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften ausgesetzten Preis und diese Preisschrift wurde demnächst unter dem Titel: „Sagenbuch der Lausitz“ in zwei Bänden 1862 bei W. Engelmann in Leipzig von ihm herausgegeben. Als Pfarrer in Lerchenborn sammelte er zunächst ein vollständiges Herbarium der Umgegend und machte dabei die Entdeckung, daß dieselbe in ihrem Schooße eine Menge von Urnen und Urnenfragmenten berge und eine große Anzahl seltener Versteinerungen enthalte. Dies bewog ihn, eine Sammlung von Alterthümern sowohl als Petrefacten anzulegen und sich dem Studium dieser Gegenstände eingehend zu widmen. Beide Sammlungen sind sehr werthvoll geworden, und ist die [457] erstere von dem Herrn Grafen Harrach auf Klein-Kriechen, die letztere von dem mineralogischen Museum der Universität Breslau erworben worden. Die Resultate seiner Studien, Forschungen und Sammlungen theilte er von Zeit zu Zeit in vielen kleineren Schriften und Aufsätzen durch die Berichte des Vereins für das Museum schlesischer Alterthümer, die schlesische Zeitung und besonders das Neue Lausitzische Magazin mit. Wir erwähnen hier nur: 1) Plastik und Malerei an Schlesischen Urnen. Ein Beitrag zur Gräbersymbolik und Unsterblichkeitslehre des Alterthums (mit 3 Tafeln in Steindruck) in „Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. Sechszehnter Bericht. Breslau 1871“. 2) Der Alvil des Sachsenspiegels und seine Verwandten. Ein Beitrag zur vergleichenden Mythologie. Mitgetheilt im 47. Bande des Neuen Lausitzischen Magazins. 1870. 3) Germanische Dionysien. Im 52. Bande des Magazins. 4) Die Fauna des Graptoliten-Gesteins. Ein Beitrag zur Kenntniß der silurischen Sedimentärgeschiebe der norddeutschen Ebene. Im 54. Bande des Magazins. 1878. Mit 5 Tafeln von ihm selbst gezeichneter Abbildungen. Diese letzte Schrift ist in einem schönen Separatabdruck bei E. Remer in Görlitz, 1878, erschienen und hat ganz besonders unter den Fachgelehrten selbst im fernen Auslande ihm einen Namen gemacht. Das beweiset die in seinem Nachlasse vorgefundene Correspondenz mit den Breslauer Professoren Dr. Römer, Oberdiek, Liebisch und Göppert, dem Professor Carus in Leipzig, dem Professor S. A. Müller zu Cincinnati in Amerika u. A.

Außer dieser lebendigen literarischen Thätigkeit, von welcher unser Magazin durch eine Menge in ihm enthaltener kleiner Aufsätze und Notizen den besten Beweis liefert, sind auch noch zu erwähnen die öffentlichen Vorträge, welche er vor größeren Versammlungen gehalten hat. Wir wollen hier nur drei derselben erwähnen. 1) Vom deutschen Volksthum. Gehalten am 23. Februar 1871 im evangelischen Vereinshause zu Liegnitz und wiederholt am 3. März d. Jahres im Musiksaale der Universität zu Breslau. Zum Besten der inneren Mission, gedruckt zu Breslau 1871. 2) Cultur und Christenthum. Gehalten im Musiksaale der Universität Breslau. Abgedruckt im Heimathsboten 1872. No. 5. 3) Ueber Leichenverbrennung und ihr Verhältniß zur heidnischen Grabsymbolik und Unsterblichkeitslehre. Gehalten im Vereinshause zu Breslau, Februar 1875. Noch ist hier zu erwähnen, daß der Vollendete auch stehender Correspondent und Mitarbeiter an mehreren religiösen und politischen Zeitschriften war.

Schließlich haben wir noch ganz besonders hervorzuheben, daß der so vielfach thätige Gelehrte eine durch und durch poetische Natur war und Alles im Leben von der idealen Seite betrachtete und anfaßte, weshalb er auch wohl von Manchem seiner Bekannten bisweilen verkannt worden ist. Schon in früher Jugend zeigte sich bei ihm der Drang und das Talent poetischer Production und hat ihn begleitet bis an sein Lebensende. Er hat eine große Menge von Gedichten mannigfaltigen Inhalts hinterlassen. Die meisten derselben hat er behufs der Mittheilung an eine hohe Gönnerin vom Fach bereits ins Reine geschrieben und sie sind von derselben größtentheils recht günstig beurtheilt worden. Wenn das druckfertige Manuscript einen freundlichen [458] Verleger fände, so würde die gebildete Lesewelt an Manchem der Lieder des früh vollendeten Dichters, der in seinem Leben so gerne alle seine Angehörigen und Freunde erfreute, eine rechte Freude haben. Have pia anima!