Nachricht von einigen Volksfesten

Textdaten
Autor: Auguste Pattberg
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Titel: Nachricht von einigen Volksfesten
Untertitel:
aus: Frau Auguste Pattberg geb. von Kettner. In: Neue Heidelberger Jahrbücher, Band 6, Seite 104–105
Herausgeber: Reinhold Steig
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Koester
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Erscheinungsort: Heidelberg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Internet Archive, Commons
Kurzbeschreibung:
Originaltextstelle: Badische Wochenschrift Nr. 15 vom 10. April 1807, Sp. 225–226
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Bearbeitungsstand
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Nachricht von einigen Volksfesten.[1]

Mit Vergnügen erinnere ich mich mancher Volksbelustigungen, die ich in frühern Zeiten mit ansah; tief prägen sich dergleichen Eindrücke in den Tagen der harmlosen unbefangenen Jugend in unser Gemüth, und bleiben selbst in spätem Zeiten ein Eigenthum unserer Erinnerung. In meinem Geburtsorte in der Rheinpfalz steht eine Linde, ausgebreitet ziehen sich ihre schlanken Äste an Stäben in die Höhe. Unter dieser Linde versammelten sich ehedem an Sonn- und Festtagsabenden die Jünglinge und Mädchen des Dorfes, und sangen in harmonischem Einklang alte Lieder und Romanzen. Noch jetzt wünsche ich oft die mir damals so lieb gewordenen Gesänge wieder vernehmen zu können, und verweile gern bei dieser freundlichen Erinnerung. Jährlich, zur Zeit der Kirchweihe, feierten die Einwohner des Dorfes unter jener Linde ein Fest; die Jugend versammelte sich des Nachmittags unter dem Baume, an einem Ast desselben ward ein Blumenkranz befestigt, die Jünglinge und Mädchen tanzten nach einer ländlich einfachen Musik um die Linde, und jeder hob sein Mädchen in die Höhe, wenn er an die Stelle kam, wo oben der Kranz hing. Welches nun so glücklich war, ihn zu erhaschen, dem ward ein mit Blumen und Bändern geschmücktes Lamm als Preis zugeführt. Theilnehmend vergnügten sich die Zuschauer an der Freude der jungen Leute, und an dem unterhaltenden Tanz. Jährlich ward dieses Fest, nur zuweilen mit einiger Abwechselung, wiederholt; es wurden nämlich bisweilen zwei seidene Tücher als Preis an einen Ast der Linde gebunden, um welche die Jugend tanzte, oben auf dem Baum lag ein mit Pulver geladenes Gewehr, so wie nun der Tanz begonnen hatte, ward ein brennender Lunten auf die Zündpfanne gelegt, und das Paar, welches bei dem Knall der Flinte gerade unter dem Preis tanzte, hatte ihn gewonnen. Leider sieht man nun diese unschuldigen Vergnügungen, diese Fröhlichkeit athmenden Volksfeste nicht mehr; allein wie könnte auch in einem Zeitalter, wie das unsrige, wo die Künste [105] der Verfeinerung den Landmann immer mehr seiner einfachen Sitten entwöhnen, wo der Besitz unstet schwankt, und ein ewiger Wechsel das Loos hoher und niederer Stände täglich mischt und ändert, wie könnte da der Sinn für die Freude zur Reife gedeihen? Wann wird sie einst wiederkehren jene glückliche Zeit, wo jeder in Ruhe und Frieden, am Ruder des Staates sowohl, als am Pfluge, den Pflichten seines Berufes mit Zuversicht und Glauben an beständige Dauer folgen und die Früchte seines Fleisses geniessen kann?

A. P.     

  1. Badische Wochenschrift. Nr. 15. Freitags den 10. April 1807. Sp. 225. 226. Vgl. oben S. 77.