Metallstangen für Geld
Editionsrichtlinien:
|
[363] Metallstangen für Geld. – König Karl XII. von Schweden mußte in seinem ersten Regierungsjahre viele Schulden bezahlen, die ihm seine Vorgänger hinterlassen hatten. Seine Untertanen aber wußten, daß der König, ohne auf das Hofzeremoniell zu achten, jeden ohne weiteres vorließ, der irgend ein Anliegen an ihn hatte. So kam denn eines Tages ein Kaufmann zu ihm, der von früher her große Forderungen an die königliche Kasse hatte, und bat um Bezahlung. Der König jedoch, der gerade übler Laune war, griff sofort nach dem Schüreisen am Kamin und jagte den lästigen Mahner zum Zimmer hinaus.
Auf dem Schloßhofe begegnete dem Verjagten ein anderer Kaufmann, der in gleicher Absicht wie der Abgetrumpfte zum König wollte. „Sie kommen wohl vom König, lieber Freund?“ fragte der zweite den ersten. „Ist er bei guter Laune?“
„Oh,“ erwiderte der Angeredete, „Sie können gar nicht gelegener kommen; der König bezahlt heute alle seine Gläubiger mit Metallstangen.“
Nicht wenig ermutigt trat nun der zweite Kaufmann vor den König und sagte: „In der Hoffnung, daß Eure Majestät mir dieselbe Huld und Gnade angedeihen lassen werden, die soeben dem Kaufmann M. widerfahren ist, bitte auch ich um meine Bezahlung.“
„Wie habe ich denn den Kaufmann M. bezahlt?“ entgegnete der König verwundert.
„Mit Metallstangen, Majestät.“
Da fühlte sich der König so beschämt, daß er den abgewiesenen Gläubiger sogleich zurückrufen ließ und beiden ihre Schuldforderung bezahlte.