Melpomene/Band 2/068 Bei dem Grabe eines jungen gottesfürchtigen Mannes

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 182–183
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[182]

68. Bei dem Grabe eines jungen gottesfürchtigen Mannes.

Melod. IV.

1. Mit wehmuthvoller Schauer
Stehn wir an diesem Grab,
Und senken tief in Trauer
Den Thränenblick hinab.

2. Denn noch bei guten Jahren
Hat hier ein starker Mann
Durch seinen Tod erfahren,
Was Schmerz und Krankheit kann.

3. Ein Schmerz im Eingeweide
Warf ihn aufs Lager hin,
Es war ihm, als durchschneide
Man stets mit Messern ihn.

4. Zwar linderten Arzneien
Der Schmerzen höchste Pein;
Doch ganz ihn zu befreyen,
Das konnte nicht mehr seyn.

5. Es lachte zwar noch immer
Der Hoffnung sanfter Strahl,
[183] Bis auch ihr letzter Schimmer
Verblich im Todesthal.

6. Mit jedem Tage nahmen
Die Lebenskräften ab,
Die letzten Züge kamen,
Und stürtzten ihn ins Grab.

7. Zwar füllte noch mit Grauen
Des Todes Anblick ihn,
Doch gab er, im Vertrauen
Auf Gott, sein Leben hin.

8. Denn alle seine Schmerzen
Ertrug er mit Geduld,
Und starb mit Reu im Herzen
In Gottes Vaterhuld.

9. Denn wenn wir noch im Leben
Verzichten auf die Welt,
Dann därfen wir nicht beben,
Wenn uns der Tod befällt;

10. Wir schliessen mit Vertrauen
Uns an die Vorsicht an,
Und wallen ohne Grauen
Des Todes düstre Bahn.

11. Denn nach dem Tod beginnet
Ein Leben ohne Tod,
Wo keine Thräne rinnet,
Und kein Verderben droht.

12. Nur Seligkeit geniesset
Des Frommen Seele dort,
In reinster Wonne fliesset
Sein Leben ewig fort.