Melpomene/Band 2/061 Bei dem Grabe eines Mannes, der lange krank war

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 169–171
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[169]

61. Bei dem Grabe eines Mannes, der lange krank war.

Melod. III.

1. Ach ach! schon wieder eine Leiche
In diesem neugewölbten Grab!
So tritt der Arme wie der Reiche
Vom Schauplatz dieses Lebens ab.
Kaum dreimal gieng die Sonne nieder
[170] Seit einer unsrer Brüder starb,
Und sehet: es verblich schon wieder
Ein Bruder in des Todes Farb.

2. Seit einem halben Jahr entbehrte
Er der Gesundheit süsse Lust,
Und ein verborgnes Übel zehrte,
Gleich einem Wurm, an seiner Brust;
Am Ende nahm sein kranker Magen
Zur Nahrung keine Speise mehr,
Und also wurde auch zum Schlagen
Sein armes Herz vom Blute leer.

3. So schwanden seine Leibeskräfte,
Er zehrte ab auf Haut und Bein,
Vergebens nahm er viele Säfte
In Hoffnung zur Genesung ein;
Die Wärme wich aus allen Gliedern,
Das Blut im Herzen blieb zurück,
Und unter welken Augenliedern
Verblich im Tod sein letzter Blick.

4. Allein er hatte sich ergeben
In Gottes Hand voll Zuversicht,
Und nahte ohne Furcht und Beben
Sich nun dem göttlichen Gericht;
Bekannte wahrhaft seine Sünden,
Bereute seine große Schuld,
Und hoffte also noch zu finden
Bei Gott Verzeihung Gnad und Huld.

5. Deswegen können wir uns trösten:
Daß, als sein Lebenshauch verschwand,
[171] Sein Geist die Gnade der Erlössten,
Das ewig sel’ge Leben fand.
Lasst uns daher nach Tugend streben,
Und unsre Sündenschuld bereun,
Dann gehen wir nach diesem Leben
Auch in des Himmels Freuden ein.