Melpomene/Band 2/014 Bei dem Grabe eines alten Reichen

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 59-61
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14. Bei dem Grabe eines alten Reichen.

Melod. XVII.

1. Hier beben wir zurücke
Vor diesem neuen Grab,
Und senken unsre Blicke
In tiefer Traur hinab:
Denn es verschliesst die Hülle
Von einem alten Mann,
Der in des Reichthums Fülle
Vollendet seine Bahn.

2. Er setzte sein Vertrauen
Auf Ehre Lust und Gelt,
Und blieb nicht ohne Grauen
Als ihn der Tod befällt;
Denn leider! itzt erblickte
Er ihre Eitelkeit,
Und ach! der Tod entrückte
Ihm jede Lust und Freud.

3. Er war voll Angst und Beben
Und merkte die Gefahr,
Worin das ew’ge Leben
Von seiner Seele war;
Er that daher bei Zeiten
Auf diese Welt verzicht,
Um sich noch zu bereiten
Zum Tode, zum Gericht.
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4. Er fluchte seinen Sünden
Mit reuevoller Brust,
Und hoffte noch zu finden
Des Himmels höchste Lust,
So gab er voll Vertrauen
Sen Erdenleben hin;
Gott ewig anzuschauen
War sicher sein Gewinn.

5. Wir können also hoffen:
Daß er noch Gnade fand,
Als ihn der Tod getroffen,
Und ihm die Welt verschwand.
Laßt uns daher verzichten
Auf Ehre Lust und Gelt,
Und stets die Augen richten
Nach jener bessern Welt.

6. Gesetzt: ein Mensch besitze
Das Reich der ganzen Welt,
Was wär es ihm wohl nütze,
Wenn ihn der Tod befällt?
Und dennoch trachten Viele
Nach Gelt und Gut allein,
Und glauben schon am Ziele
Im Überfluß zu seyn.

7. Das Herz des Geizgen, Blinden
Hängt fest an dieser Welt,
Beflecket sich mit Sünden,
Und hofft auf Gut und Gelt:
Doch unvermuthet kündet
[61] Ein Todesboth sich an,
Und wie ein Rauch verschwindet
Der Habsucht falscher Wahn.

8. Er wird im Erdenglücke
Vom Tode hingerafft,
Und steht mit starrem Blicke
Am Thron der Rechenschaft.
Wie will er nun bestehen
Beim göttlichen Gericht?
Denn Gott erhört das Flehen
Der Unbekehrten nicht.

9. Nur wahre Büßer finden
Einst Gnade beim Gericht,
Die sich der Welt entwinden,
Eh noch ihr Auge bricht.
Laßt uns daher verfluchen
Den Sklavendienst der Welt,
Und Gottes Reich nur suchen,
Das ewig nicht zerfällt.