Melpomene/Band 2/005 Bei dem Grabe des Hochwürdigen Herrn Frühmessers von Heimertingen

<<< 005 Bei dem Grabe des Hochwürdigen Herrn Frühmessers von Heimertingen >>>
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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 25-29
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[25]

5. Bei dem Grabe des Hochwürdigen Herrn Frühmessers von Heimertingen.

Melod. III.

1. Hier liegt der Leib vom Herrn Fruhmesser
Mit Namen Fei Korbinian;
Und sicher ist sein Loos dort besser,
Als hier auf dieser Erdenbahn:
Denn von der Jugend bis zum Grabe
Befließ er sich der Wissenschaft,
Und wallte stets am Tugendstabe
Mit jeder Leib- und Seelenkraft.

2. Er trat als Jüngling in den Orden
Des heil’gen Stifters Benedikt,
[26] Und war, als Priester er geworden,
In diesem Stande hochbeglückt.
Er weihte sich den Wissenschaften
Zum Menschenwohl und Gottes Ehr,
Und lehrte sie die Leidenschaften
Beherrschen treu nach Jesu Lehr.

3. Und als des Krieges Sturm gewüthet
Durch unser deutsches Vaterland,
Wie war er da so unermüdet,
Da er der Feinde Sprach verstand!
Er wußte ihren Druck zu lindern
Durch ihren sanften Dialekt,
Und manche Forderung zu mindern,
Die sie dem Kloster aufgelegt.

4. Und als, wie viele andre Klöster,
Sein Kloster aufgehoben ward,
So war er seiner Brüder Tröster,
Und fiel es ihm auch noch so hart,
Und unterwarf sich dem Gesetze
Der Sekularisation,
Und nahm vorlieb, für alle Schätze,
Mit einer schlechten Pension.

5. Nun weihte er sein ganzes Leben
Der wahren Heileswissenschaft,
Und war bey allem seinem Streben,
Der Pflicht gemäß, gewissenhaft,
Und suchte andre zu belehren
Privat und auf dem Predigtstuhl,
Und arme Sünder zu bekehren,
Und zu entziehn dem Höllenpfuhl.
[27]
6. So brachte er sein edles Leben
Beinah auf drei und siebenzig;
Allein so viele Jahre geben
Dem Tode nur den leichten Sieg;
Er fühlte seines Alters Bürde[1],
Und seines Leibs Gebrechlichkeit,
Und war so, wann er kommen würde,
Durch Tugend stets zum Tod bereit.

7. Er wirkte fort bis an sein Ende
In seinem heil’gen Beruf,
Erhob im heil’gen Sakramente
Der Buße Gottes Gnadenruf:
Bekehret euch, verstockte Sünder!
Bereuet eure Sündenschuld,
Dann nimmt euch Gott als seine Kinder
Mit Freuden auf in seine Huld.

8. So hatte er drei lange Stunden
Im Beichtstuhl eifrig zugebracht,
Und von der Kälte nichts empfunden,
Nur auf der Sünder Heil bedacht.
Auf einmal hatte es geklungen
Wie Grabgeläut in seinem Ohr,
Und aus den angestrotzten Lungen
Brach plötzlich helles Blut hervor.

9. Und ach! er stürtzte kraftlos nieder,
Berührt von einem sanften Schlag,
Und schloß die welken Augenlieder
An seinem letzten Lebenstag.
[28] Man brachte ihn sogleich zu Bette,
Und bath den Arzt um seinen Rath,
Damit man noch sein Leben rette;
Doch alle Hülfe kam zu spat.

10. Denn er begann sogleich zu röcheln
In dem schon ausgetrettnen Blut,
Verzog den Mund in holdem Lächeln,
Und starb mit wahrem Heldenmuth.
Vergebens klagen seine Freunde,
Die blaß um seine Leiche stehn,
Und die sein Todesfall vereinte;
Denn ach! es war um ihn geschehn.

11. Wie Feuer lief die Schreckenskunde
Von seinem gähen Tod umher,
Und jammernd giengs von Mund zu Munde:
Der edle Mann! er ist nicht mehr.
Und o wie ist bei seinem Grabe
Die Volkesmenge so betrübt!
Und ihre Trauer sagt: es habe
Ihn herzlich Jedermann geliebt.

12. Laßt uns daher die weisen Lehren,
Die er uns noch im Tode gab,
Genau befolgen und bewahren
Bei seinem unverhofften Grab;
Denn: wachet immer doch, und bethet,
So ruft er uns mit Jesu zu,
Damit ihr eure Seelen rettet,
Und seyt bereit zur Grabesruh.
[29]
13. Nun ruhe sanft im Schoos der Erde,
Du guter und getreuer Knecht!
O daß dir dort vergolten werde,
Was du verdient mit allem Recht.
O möchten wir in jenen Höhen,
Wenn einst auch uns der Tod befällt,
Dich ewig selig wieder sehen
Im großen Reich der Geisterwelt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Jungs Erratum „Alters-Bürde“ zu „Alters-Bürde,“ erscheint seinerseits fehlerhaft, da bereits in der Vorlage exakt „Alters-Bürde,“ steht. Hier wurde daher die mit dem Erratum wohl gemeinte Änderung von „Alters-Bürde,“ zu „Alters Bürde,“ vollzogen.

Heimertingen ist eine Gemeinde im Unterallgäu nahe Memmingen.

Zu welchem Benediktinerkloster Korbinian Fei (oder Fey?) gehörte, bleibt zu recherchieren. In Frage kommen z. B. die nahen Klöster Elchingen, Wiblingen, Ochsenhausen oder Ottobeuren.

Jungs Errata (Bd. 2, S. 294) wurden in den Text eingearbeitet.