<<< Vorwort >>>
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aus: Melpomene
Seite: Band 1, S. 1–5
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[1] Vorwort.

Grablieder! eine paradoxe Erscheinung Allein in unserer allgemein zum Gesang gestimmten Zeit dürfte es nicht ganz unzweckmäßig seyn, den größtentheils herrschenden Durton des Leichtsinns bisweilen in den sanften Mollton des Ernstes übergehen zu lassen, und den Schleyer der Zukunft ein wenig zu lichten, um den in irdischen Freuden blindlings dahin Taumelnden das Ende derselben in einer nahen Perspektive zu zeigen, sie aus ihrem Taumel aufzuschrecken, und für die höhern Freuden des Geistes begierig, würdig, und empfänglich zu machen.

Nichts ist aber mehr fähig, unsre Herzen in eine ernsthafte Stimmung zu versezen, als Todesfälle; und es ist Balsam für das wunde Herz, sich in Klagliedern und wehmuthvollen Thränen erleichtern zu können, wozu die Trauermuse Melpomene nicht unpassenden Stoff liefert.

[2] Der Verfasser hat die meisten dieser Grab-Lieder auf Gräbern gesungen, und schon seit 26 Jahren die Beobachtung gemacht: daß sie mit mehr Aufmerksamkeit angehört wurden, als Leichenreden; und sie nun auf das Ansuchen mehrerer Liederfreunde herausgegeben.

Zwar ist es bekanntlich an den wenigsten Orten üblich, Grablieder zu singen; allein dieses mag einerseits aus dem Mangel an tauglichern Sängern, andrerseits aus dem Mangel passender Grablieder herrühren. Da nun aber der deutsche Gesang in allen Schulen eingeführt ist, und kein des Singens unkundiger Schulmeister mehr angestellt wird; so ist dadurch dem ersten Mangel abgeholfen, und dem zweiten sucht die Melpomene einigermassen zu begegnen, da sie in 200 Grab-Liedern eine solche Auswahl darbiethet, daß es nicht schwer seyn dürfte, für jeden vorkommenden Todesfall ein passendes Grablied zu finden; was besonders den Königlich Württembergischen Pfarrern willkommen seyn muß, da die neueste Gottesdienstordnung des Hochwürdigsten Bischöflichen Ordinariats in Rottenburg vom 5ten Juni 1837 § 30. ausdrücklich [3] befiehlt: »Daß die kirchlichen Gebräuche bey den Leichenbegängnissen nach den bestehenden Ritualvorschriften, und unter deutschen Gesängen etc. verrichtet werden sollen.«

Die Melodien sind nur in der ersten Stimme gegeben, was für jeden Tonkünstler, der die Begleitung leicht beifügen kann, wie für den Nichtmusiker, genug seyn dürfte. Jedem Grablied ist die passende Melodie angewiesen, und es können demselben leicht noch mehrere passende beigefügt werden.

Und sollten diese Grablieder auch nicht gesunden werden, so verschaffen sie doch gewiß eine interessante Lektüre, und wer sie benüzen will, wird sie gewiß nicht ohne Theilnahme lesen. Auch liefern sie reichhaltigen Stoff zu Leichenreden.

Am zweckmässigsten scheinen sie von Werk- und Sonntagschülern benuzt werden, ihnen als Gegengift gegen die leichtsinnigen weltlichen Lieder dienen, sie zu einem heiligen Ernste [4] stimmen, mit heisser Sehnsucht nach dem ewig seligen Leben erfüllen, und sie auf die Bahn der Tugend leiten, und auf derselben erhalten zu können, als welche allein zu diesem erhabenen Ziel unsres unsterblichen Geistes führt. – Nicht minder enthalten sie Vorsichtsmaßregeln bei Krankheiten und Lebensgefahren, um durch die Beobachtung derselben nicht vor der Zeit des natürlichen Todes des Alters unter der Sense des Knochenmannes gewaltsam fallen zu müssen.

Die Herausgabe der Melpomene wäre daher vollkommen gerechtfertiget, und würde ihren erhabenen Zweck nicht ganz verfehlen, wenn sie das Leben eines einzigen Sterblichen auch nur um so länger fristete, daß er sich zu einem guten Tod vorbereiten könnte.

Die bearbeiteten Lebens-, Leidens-, und Todesgeschichten sind keine Gedichte, sondern treue Kopieen von Originalien, wie sie jeder aufmerksame Beobachter finden wird; denn eines jeden Menschen Leben, Leiden und Sterben enthält für uns ein Warnungs- oder Nachahmungsbeispiel, [5] und während uns die weisesten Lehren ohne Beispiele ungerührt lassen, äussern sie in unmittelbarer Verbindung mit Todesfällen eine unwiderstehliche Überzeugungs- und Bewegungs-Kraft, und wer bei Todesfällen unüberzeugt, unbelehrt, und ungerührt bleiben kann, bei dem ist Tauf und Krisam[1] verloren.

Das Evangelium gibt uns von dem Tod und seinen Folgen die richtigsten Kenntnisse, benimmt ihm alle seine Schrecken, und gibt ihn uns in seiner wahren Gestalt zu erkennen, liefert uns also die besten Trostesgründe, und lehrt uns gut leben und sterben; deswegen hat auch die Melpomene den meisten Stoff ihrer Grablieder aus den Lehren des Evangeliums genommen, und sie auf die vorkommenden Fälle anzuwenden gesucht. In wie fern ihr dieses gelungen sey, mögen ihre Freunde entscheiden: Gottes Gnade aber wolle sich dieser Grablieder als eines Mittels bedienen, die Sterblichen fromm leben und gut sterben zu lehren, und sie zur ewigen Seligkeit zu führen.

Der Verfasser.

Kirchdorf, den 1ten May 1838.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Salböl. Siehe auch Krisam in der Wikipedia