Melpomene/Band 1/088 Bei dem Grabe des Joseph Simler, Bauers von Unteropfingen, der fünf und zwanzig Jahre lang krank war

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aus: Melpomene
Seite: Band 1, S. 275–277
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[275]

88. Bei dem Grabe des Joseph Simler, Bauers von Unteropfingen, der fünf und zwanzig Jahre lang krank war.

Melod. XVIII. III.

1. Nun endlich ruht von seinen Schmerzen
Der stille Dulder hier im Grab,
Der stets mit hoffnungvollem Herzen
In Gottes Willen sich ergab.
Zwar schien sein Leiden eine Kette,
Von welcher man kein Ende sah,
Doch, eh man es vermuthet hätte,
War die ersehnte Rettung da.

2. Denn schon vor fünf und zwanzig Jahren
Verlor er seiner Füsse Kraft,
[276] Und alle Medizinen waren
Von keiner Stärkungseigenschaft,
Er schleppte langsam seine Glieder
Von einer Stell zur andern hin,
Und stürtzte oft gewaltsam nieder,
Daß er vom Schlag getroffen schien.

3. Er stützte nun mit zweien Krücken
Den kraftberaubten Körper auf,
Und hoffte leichter fortzurücken
Nach dem verlornen Fusselauf;
Allein die Lähmung rückte höcher,
Und griff die obern Glieder an,
Und seine Lenden wurden schwächer,
Und nichts mehr half, was er gethan.

4. Er mußte also liegen bleiben
Gleich einem unbelebten Stein,
Und keine Zunge kann beschreiben
Die Größe seiner Qual und Pein;
Denn ach! wie wurde seine Lage
Auf seinem Schmerzenbett so hart,
Wo seine Qual mit jedem Tage,
Mit jeder Stunde größer ward.

5. Nun ward sein sonst gesunder Magen,
Und seine Lunge krank und schwach,
Das Herz fieng langsam an zu schlagen,
Und alle Kräften liessen nach;
Er zehrte ab auf Haut und Knochen,
Und ward dem Bild des Todes gleich,
[277] Sein starres Auge war gebrochen,
Und seine Lippe kalt und bleich.

6. Doch litt er alle Schmerzen
Mit unermüdeter Geduld,
Und bath mit liebevollem Herzen
Gott um Verzeihung, Gnad und Huld,
Empfieng die heil’gen Sakramente
Nach weisem, christlichem Gebrauch,
Und sehnte sich nach seinem Ende
In seinem letzten Lebenshauch.

7. Sein Puls und Athem wurden schwächer,
Sein Haupt auf welkem Halse sank,
Gott reichte ihm den Todesbecher,
Den er bis auf die Hefe trank;
So brachte die ersehnte Stunde
Das End von seinem Lebenslauf,
Und er vernahm aus Gottes Munde:
Komm, treuer Knecht! zu mir herauf.

8. Laßt uns daher in diesem Leben
Nicht auf das Glück der Erde baun,
Zurück vor jeder Sünde beben
Und nur auf Gott allein vertraun,
Mit Eifer jede Tugend üben,
Wozu uns Gott die Kraft verleiht,
Dann kommen wir am Ende drüben
Ins Reich der ew’gen Seligkeit.

Anmerkungen (Wikisource)

Jungs Errata (Bd. 2, S. 294) wurden in den Text eingearbeitet: im Titel des Gedichts ändert sich daher der Name „Sinder“ in “Simler“.