Melpomene/Band 1/018 Bei dem Grabe eines vorzüglichen Schullehrers

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aus: Melpomene
Seite: Band 1, S. 86-89
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18. Bei dem Grabe eines vorzüglichen Schullehrers.

Melod. I.

1. Hier legte seinen Wanderstab
Ein Jugendlehrer nieder,
Und ach! an seinem stillen Grab
Ertönen Klagelieder:
Er war der größte Kinderfreund
Mit Jesus im Vergleiche,
Und seiner Schule Jugend weint
Und klagt bei seiner Leiche.

2. Er suchte seiner Schüler Heil
Mit väterlichem Herzen,
Und nahm an ihren Freuden Theil
Als wie an ihren Schmerzen;
Und strebte, sie nach seiner Pflicht
In allen ihren Pflichten,
Und in dem reinen Glaubenslicht
Genau zu unterrichten.

3. Sie merkten also immerfort
Mit Ohren Mund und Augen
Als wollten sie ein jedes Wort
Von seinen Lippen saugen,
Und liebend hieng ihr zartes Herz
An seinen holden Blicken,
So lernten sie mit Lust und Scherz,
Mit Wonne und Entzücken.
[87]
4. So war für sie ein leichtes Spiel
Das Lesen, Rechnen, Schreiben;
Sie werden es mit Lustgefühl,
So lang sie leben, treiben;
Er wußte ihnen jede Lehr
Mit Liebe beizubringen;
Auch lehrte er zu Gottes Ehr
Die lieben Kleinen singen.

5. Und wenn die Heileswissenschaft
Der Seelenhirt erklärte,
Und ihre schwache Tugendkraft
Durch Unterricht vermehrte,
Und sie ermahnte, daß getreu
Sie ihn befolgen sollen,
So war der Lehrer auch dabei
Ihn oft zu wiederhollen.

6. So wuchs durch diesen edlen Mann
Die unschuldvolle Jugend
Gebildet, hoffnungsvoll heran
Zur Wissenschaft und Tugend,
Und wird, durch ihn belehrt, ihr Glück
In dieser Welt begründen,
Und einst im Todesaugenblick
Ihr Heil in jener finden.

7. Wie unersetzlich ist daher
Der Mann, den wir begraben!
Und ach! wie fällt es uns so schwer,
Verloren ihn zu haben!
Deswegen hat zum größten Schmerz
[88] Ihn uns der Tod entrissen,
Und immer wird ihn unser Herz
In tiefer Traur vermissen.

8. Wie wichtig ist daher im Staat
Ein Lehrer für die Jugend!
Er führt die Kinder auf den Pfad
Der Wissenschaft und Tugend;
Er führet sie zu ihrem Glück
In diesem Erdenleben,
Und lehrt durch Tugend ihren Blick
Zum Himmel sich erheben.

9. Hingegen welche Zunge kann
Das große Elend schildern,
Wenn Kinder schon von Jugend an
An Leib und Seel verwildern!
Sie werden ohne Unterricht,
Wie hier, so dort, verderben
Und einst beim göttlichen Gericht
Verworfen, wenn sie sterben.

10. Wer wird uns also diesen Mann
Im Grabe hier ersetzen,
Und künftig thun, was er gethan,
Und seine Stell besetzen?
Wer wird so liebevoll, wie er
Die Jugend unterrichten,
Und sie, wie er, durch weise Lehr
Zur Heiligkeit verpflichten?
[89]
11. Kein Wunder also, wenn wir ihn
So schmerzlich nun vermissen,
Und sein Verlurst uns alle hin
In tiefe Traur gerissen;
Es bleibt uns nur der Trost: daß ihn
Die höchste Schulbehörde
Durch einen Mann von gleichem Sinn
Und Werth ersetzen werde.

12. Drum trockne deine Thränen ab
Du nun verwaißte Jugend,
Und wünsche sanfte Ruh im Grab
Dem Lehrer deiner Tugend;
Und bleibe seiner Lehr getreu
Bis an dein Lebensende,
Und übergieb dich ohne Scheu
In Gottes Vaterhände.

13. Nun ruhe sanft von deiner Müh,
Du beßter Jugendlehrer!
Und wir vergessen deiner nie
Als Freunde und Verehrer.
Geniesse dort zum Tugendlohn
Den du verdient hienieden,
Bei Gottes höchstem Gnadenthron
Den ewig wahren Frieden.