Franz Joseph Werfer
Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd
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Vätern gewöhnlich übererbt haben, die Folgen ihrer Kurart meistens ausfallen. Eben so wenig sind hier unterrichtete, und eigends aufgestellte Krankenwärter und Krankenwärterinnen, sondern die Privatleute warten und pflegen einander entweder selbst, oder wählen sich im nöthigen Fall eine beliebte und hiezu sonst tauglich befundene Person aus; so wie auch in unsern Spitälern unter den Pfründnern die tüchtigste, oder sich selbst willig hiezu angebotene Person angenommen wird, und gewöhnlich wählt man immer Weibspersonen dazu, die sich im Grund zu diesem Geschäft, wo Geduld, Willigkeit und Reinlichkeit die Haupterfordernisse sind, auch am besten schicken.

Zur Unterhaltung und Verpflegung armer alter und sonst presthafter oder kranker Personen, die unfähig sind, sich ihren nothbedürftigen Unterhalt auf irgend eine Art erwerben zu können, und in der Regel bürgerlich eingebohrne sind, so wie auch zur temporären Unterstützung armer Kranken sind zwey reichlich gestiftete Spitäler hier, wovon eines in der Stadt zum hl. Geist, und das andere ausser derselben zu St. Katharina ist. Vom hl. Geist-Spital werden in der Regel hundert Arme, theils männlichen, theils weiblichen Geschlechts unterhalten. Bey noch reichsstädtischer Verfassung erhielten die Pfründner ihre Gaben großentheils in Natura: Die ganze Gabe bestund damal wöchentlich in 23 Kr. an Geld, 12½ Pfund Waitzenbrod und 10 Loth Schmalz. Nebst diesen bekamen sie zu verschiedenen Zeiten des Jahrs noch kleine Zulagen an Geld, die sich zusammen auf ein paar Gulden beliefen. Vermög einer besondern Stiften wurden auch Eier und Mehl unter

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acht Armen ausgetheilt. Aber jetzt ist es nicht mehr so, sondern die Pfründner erhalten alles in Geld, und zwar für eine ganze Gabe wöchentlich 1 fl. 20 kr. und für eine halbe 40 kr., wobey es denn nicht selten geschieht, daß manche ihr Geld schon in den ersten Tagen verbrauchen, zumal solche, die nicht recht genau zu haushalten wissen, und öfter noch, wie es alte arme Leute gern und leicht sich angewöhnen, den Brandtwein lieben, und somit in der Mitte der Woche oder gegen Ende derselben nichts mehr zu zehren haben, und wieder andern lästig fallen. Bey solchem Stand der Dinge wäre freylich eine allgemeine Speiseanstalt das beste und zweckmäßigste; nur müßte aber dabey auf alte schwache Personen, die nicht immer auch eine gleiche Kost mit andern sonst gesunden ertragen können, wohl Rücksicht genommen und solche eine, ihrem schwachen Alter mehr angemessene und den Kranken gleiche Kost gereicht werden. Von den Pfründnern wohnen beyläufig 60 und mehrere im Spital, wo sie nebst der Pfründe Wohnung, Licht und Feurung umsonst haben. Drey von der Spitalpflege aufgestellte Weibspersonen, die ebenfalls die Pfründe genießen, besorgen für die übrigen die Zurichtung der Speisen, und eine andere die Wart und Pflege der Kranken. Ein Pfleger und eine Pflegerin, welche stiftungsmäßig auch die Pfründe genießen, haben für häusliche Ordnung, Reinlichkeit und Verrichtung der vorgeschriebenen Gebete zu sorgen. Ueber die ganze Anstalt hat ein eigends aufgestellten Verwalter, den man Spitalmeister nennt, die Aufsicht, der auch über die Einnahmen und Ausgabe die Rechnung führt. Sämmtliche Pfründner