Majestätsbeleidigung
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Der Königl. Erste Staatsanwalt Akt-Z. V I.-Nr. 1000/91 T.-B. Nr. V. 12817
In dem Verfahren wider Ihren Ehemann, den Schriftsteller Heinrich Peus, wegen Vergehens gegen § 95 St.-G.-B., erhalten Sie auf Ihre Eingabe vom 19. d. M. hierdurch zum Bescheide, daß ich bei aller Anerkennung Ihrer traurigen Lage zu meinem Bedauern nicht in der Lage bin, die Haftentlassung Ihres Mannes, der eine schwere Strafe zu gewärtigen hat, vom Amts wegen zu befürworten.
An Frau Minna Peus, geb. Leinau, zu Dessau.
Der Satan wurde Staatsanwalt,
Sein Herz, das war wie Eis so kalt.
Gott gab im Zorne dem Geschmeiß
Zum Busen einen Kübel Eis,
Da konnte man Champagner kühlen.
Zu Magdeburg in Vorhaft saß
Ein Sozialist, der jüngst vergaß,
Daß hoch im deutschen Vaterland
Des heiligen Namen zu betasten
Genügt, verbrechrisch zu belasten.
[143] Zum Schutze solcher Majestät
Sind diesem Götzen früh und spät
Viel Götzenwächter vorgespannt,
Die jedem Lästerer des Götzen
Das Messer des Gesetzes wetzen.
Zu Dessau lag mit reifem Leib
Sie sah die schwere Stunde kommen
Und schrieb und bat so angstbeklommen
Den Büttelvogt: „O laßt’s geschehn!
Darf ich ihn nicht noch einmal sehn?!“
In Finsternis und Seelenqual.
Vor ihren Augen fuhr der Tod
Schon auf sie zu in schwarzem Boot,
Und schaukelnd schwamm auf fahlem Teiche
Da, wie sie gell um Hilfe rief,
Bracht’ ihr die Wärterin den Brief –
Vom Mann, zum Trost in Pein und Gram?
O nein! Die Weihnachtsbotschaft kam
„Bedaure sehr, Ihr Mann muß bleiben!
[144] Wir lassen keinesfalls ihn los,
Dafür ist seine Schuld zu groß.
Man wird ihn schwer bestrafen müssen …“
– Ein jäher Schrei durch Mark und Bein! –
Und starb. Hier steht ihr Leichenstein:
„Im Reich der Gottesfurcht allhie
Zur Zeit der Schmach ward schwanger sie.
Da hat es Gott dem Herrn gefallen,
Und nahm sie zu sich in der Nacht
Der majestätischen Niedertracht.“