Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Zerbst“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 880
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Zerbst. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 880. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Zerbst (Version vom 23.10.2021)

[880] Zerbst, Kreisstadt im Herzogtum Anhalt, ehemals Hauptstadt des Fürstentums Anhalt-Z., an der Nuthe, Knotenpunkt der Linien Z.-Bitterfeld und Z.-Biederitz der Preußischen Staatsbahn, 66 m ü. M., hat 4 Vorstädte, 5 Thore, 4 evang. Kirchen (darunter die schöne Nikolaikirche),

Wappen von Zerbst.

eine kath. Kapelle, eine Synagoge, ein großherzogliches Schloß mit Park, ein stattliches altes Rathaus (davor die Rolands- und die Butterjungfersäule) u. (1885) mit der Garnison (ein Füsilierbataillon Nr. 93) 15,069 meist evang. Einwohner, welche Eisengießerei, Maschinen-, Seifen-, Stärke-, Stock-, Leder-, Handschuh-, Gold- und Silbertressen-, Wagen-, chemische Produkten-, Zigarren-, Schirm- und Essigfabrikation, Bierbrauerei, Branntweinbrennerei, bedeutenden Garten- und Gemüsebau etc. betreiben. Z. ist Sitz eines Amtsgerichts und hat ein Gymnasium, eine Taubstummenanstalt, ein Waisenhaus und ein großes Hospital. Das Rathaus verwahrt als Merkwürdigkeit eine auf Pergament gedruckte Bibel, deren Holzschnitte von Lukas Cranach ausgemalt sind. – Z. (ursprünglich Zirwisti) wird schon 1007 als Stadt im Gau Zerbisti erwähnt und ist offenbar slawischen Ursprungs. Es kam 1253 unter die Lehnshoheit der Markgrafen von Brandenburg, stand aber bis 1264 unter der Herrschaft der edlen Herren von Z., welche die Stadt damals an die Herren von Barby verkauften. 1307 erst erwarb sie Fürst Albrecht I. von Anhalt, und auch die Lehnshoheit Brandenburgs erlosch nach dem Aussterben der Askanier in der Mark. Trotz vielfacher Streitigkeiten mit den Fürsten von Anhalt schwang sich die Stadt zu erheblicher Macht empor. 1506 wurde durch einen Brand fast ein Drittel der Stadt zerstört, und eine Seuche raffte 1566 und während des Dreißigjährigen Kriegs mehrfach einen großen Teil der Bevölkerung dahin; wenn auch Wallenstein 1626 auf Bitten der Fürstin Agnes die Stadt verschonte, so hatte sie in jenen Kriegsjahren doch viel zu leiden. Das Schloß stammt in seinen ältesten Teilen noch vom Fürsten Karl Wilhelm her, der 1681 den Bau begann; doch wurde er erst von seinem Neffen Christian August (gest. 1747) vollendet. Bis 1793 war die Stadt Residenz der Fürsten von Anhalt-Z. Vgl. „Urkundensammlung zur Geschichte von Anhalt“, Einleitung: Peter Beckers Zerbster Chronik (Dessau 1858).