Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Ypern“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 807
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Ypern. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 807. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Ypern (Version vom 22.10.2021)

[807] Ypern (spr. eip-, franz. Ypres), Hauptstadt eines Arrondissement in der belg. Provinz Westflandern, am Yperle und Knotenpunkt der Eisenbahnen Courtrai-Hazebrouck und Ostende-Y., durch einen Kanal mit Brügge, Ostende und Nieuport verbunden, hat 4 Kirchen (darunter die gotische Kathedrale St. Martin, eine der schönsten Kirchen Belgiens aus dem 13. Jahrh., mit den Grabmälern mehrerer Bischöfe); die stattlichen Hallen, ein großes, 1200–1304 durch die damals mächtige Tuchmachergilde in reichem gotischen Stil aufgeführtes und neuerdings wiederhergestelltes Gebäude (s. Tafel „Baukunst X“, Fig. 2) mit einem Belfried (133 m lang, 35 m breit), das jetzt als Rathaus dient u. wertvolle neue Wandmalereien enthält; ferner eine alte Burgvogtei (Kastellanei) mit reichverzierter Fassade, einen schönen, von Ludwig XIV. erbauten Brunnen von Marmor auf dem Marktplatz, ein Kommunalcollège, eine höhere Knabenschule, Industrieschule, geistliches Seminar, ein Tribunal, öffentliche Bibliothek, Gemäldegalerie, ein Antiquitäten- und Waffenkabinett, bedeutende Spitzenindustrie, lebhaften Handel und (1888) 16,137 Einw. Als Bischof von Y. (1635–38) ist berühmt geworden der hier geborne Cornelius Jansen, Stifter der Sekte der Jansenisten. – Y. war im Mittelalter nur ein Schloß, das von den Normannen 800 zerstört wurde. Balduin II. von Flandern befestigte es wieder, und unter seinen Nachfolgern erwuchs eine Stadt um dasselbe. Unter Philipp von Burgund, der zum Zweck der Befestigung den Arbeitern in den Vorstädten, großenteils Tuchwebern, andre Aufenthaltsorte anwies, verlor Y., welches bis dahin die erste Gewerbstadt in Flandern gewesen war, diesen Erwerbszweig fast ganz. 1584 ward es von Alexander Farnese für Philipp II., 1648 von den Franzosen unter Condé und 1649 von den Spaniern unter dem Erzherzog Leopold erobert; 1658 belagerte und nahm es Turenne. Zwar kam die Stadt durch den Pyrenäischen Frieden wieder an Spanien, doch schon 1678 eroberte sie Ludwig XIV. wieder und behielt sie bis zum Nimwegener Frieden. 1715 ward Y. durch den Barrieretraktat zu einem der Barriereplätze erklärt und hatte bis 1744 holländische Besatzung. Mit den andern Barriereplätzen ließ Joseph II. die Festungswerke 1781 schleifen, und 17. Juni 1794 fiel Y. nach kurzer Belagerung durch Pichegru den Franzosen in die Hände. Nach dem Frieden von 1815 kam die Stadt an die Niederlande und wurde von neuem befestigt, neuerdings aber als Festung aufgegeben. Vgl. Vandenpeereboom, Ypriana (Brügge 1878–80, 3 Bde.).