Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Xenŏphon“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 798
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Xenŏphon. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 798. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Xen%C5%8Fphon (Version vom 19.01.2023)

[798] Xenŏphon, 1) griech. Geschichtschreiber, geboren um 434 v. Chr. zu Athen, Schüler des Sokrates, begab sich nach Beendigung des Peloponnesischen Kriegs zu dem jüngern Kyros nach Sardes und begleitete denselben auf dem Zug, den er gegen seinen Bruder Artaxerxes Mnemon unternahm (401). Nach der unglücklichen Schlacht bei Kunaxa führte er die 10,000 Griechen, welche einen Teil vom Heer des Kyros ausgemacht hatten, aus Mesopotamien durch das Hochland von Armenien auf einem fast 4000 km langen Weg nach der Küste des Schwarzen Meers und von da nach dem Hellespont zurück, nahm dann am Zug des Agesilaos (396) in Kleinasien teil, begleitete letztern 394 auch auf seinem Zug durch Thrakien und nach Böotien und focht bei Koroneia auf seiten der Lakedämonier. Wegen seiner Vorliebe für Sparta hatten ihn die Athener schon vorher verbannt. Die Spartaner schenkten ihm dafür ein Landgut bei Skillus in Elis. Von hier nach der Schlacht bei Leuktra (370) verjagt, brachte er den übrigen Teil seines Lebens auch nach Aufhebung der Verbannung in Korinth zu und starb nach 355. Seine Schriften, deren Hauptvorzug in der klaren und lichtvollen Sprache besteht, sind teils historischen oder historisch-politischen, teils philosophischen, teils technischen Inhalts. Zu der ersten Gattung gehören: die „Anabasis“ oder „Expeditio Cyri“, 7 Bücher, eine Schilderung des Rückzugs der 10,000 Griechen unter X., herausgegeben von Hug (Leipz. 1878), Krüger (7. Aufl., Berl. 1888), Vollbrecht (8. Aufl., Leipz. 1886) und Rehdantz (6. Aufl., Berl. 1888); die „Cyropädie“ oder „De institutione Cyri“, 8 Bücher, die Geschichte des ältern Kyros, die jedoch mehr eine Tugendlehre für den Beherrscher eines großen Staats als ein Geschichtswerk ist, herausgegeben von Hug (Leipz. 1878), Breitenbach (3. Aufl., das. 1878) und Hertlein (4. Aufl., Berl. 1886); die „Hellenika“ oder „Historia graeca“, 7 Bücher, eine Fortsetzung der Geschichte des Thukydides vom Jahr 411 bis zur Schlacht bei Mantineia (362 v. Chr.), herausgegeben von Breitenbach (2. Aufl., Berl. 1884), Büchsenschütz (5. Aufl., Leipz. 1884); „Agesilaos“, ein Panegyrikus, von zweifelhafter Echtheit, herausgegeben von Sauppe (Helmst. 1841); „Über die Staatsverfassung der Lakedämonier“ herausgegeben von Haase (Berl. 1833); „Über die Staatsverfassung der Athener“, herausgegeben von Kirchhoff (das. 1874) und M. Schmidt (Jena 1876); „Über Staatseinkünfte“, herausgegeben von Zurborg (Berl. 1874); „Hiero“, ein Gespräch über die Mittel, wodurch ein Herrscher sein Land glücklich machen könne. Zu den philosophischen Schriften gehören: die „Apomnemoneumata“ oder „Memorabilia“, 4 Bücher, eine Darstellung der Lehren des Sokrates in Gesprächsform, herausgegeben von Kühner (4. Aufl., Leipz. 1882) und Breitenbach (Berl. 1854); die „Apologie des Sokrates“, von zweifelhafter Echtheit, herausgegeben von Bornemann (Leipz. 1824) u. Herbst (Halle 1830); das „Symposion“, eine Schilderung des Sokrates in der heitern Geselligkeit eines Mahls; der „Oeconomicus“, Gespräch über die Verwaltung des Hauswesens. Technischer Art sind: „Hipparchicus“, Anweisungen für einen athenischen Reiterobersten; „Über die Reitkunst“, herausgegeben von Courier (Par. 1818) u. von Jacobs (Gotha 1825); „Über die Jagd“. Gesamtausgabe von Schneider (Leipz. 1790–1815; neueste, zum Teil von Bornemann und Sauppe besorgte Auflage, das. 1825–49, 6 Bde.), von Bornemann, Kühner und Breitenbach (Gotha 1828, 4 Bde.), Dindorf (Oxf. 1857, 5 Bde.), Sauppe (Leipz. 1865, 5 Bde.) u. Schenkl (Berl., bis jetzt 2 Bde.). Unter den deutschen Übersetzungen sind die von Tafel, Christian und Osiander (Stuttg. 1827–31, 16 Bdchn.; neue Bearbeitung 1854 ff.) und von Zeising, Forbiger u. a. (das. 1854–72, 12 Bde.) hervorzuheben. Sturz verfaßte ein „Lexicon Xenophonteum“ (Leipz. 1801–1804, 4 Bde.), Sauppe einen „Lexilogus Xenophontis“ (das. 1868). Vgl. Krüger, De Xenophontis vita („Historisch-philosophische Studien“, Bd. 2, Berl. 1851); Ranke, De Xenophontis vita et scriptis (das. 1851); Roquette, De Xenophontis vita (Königsb. 1884); Hertzberg, Der Feldzug der zehntausend Griechen (2. Aufl., Halle 1870); Strecker, Über den Rückzug der Zehntausend (Berl. 1886).

2) Griech. Erotiker, aus Ephesos, verfaßte wahrscheinlich gegen Ende des 2. Jahrh. n. Chr. einen „Ephesiaca“ (ephesische Geschichten) betitelten Roman in 5 Büchern, welcher die Abenteuer des jungen Ehepaars Anthia und Abrokomes in leichter und einfacher Sprache schildert und für die folgenden Romanschreiber mehrfach Vorbild gewesen ist. Er wurde zuerst herausgegeben von Couhi (Lond. 1726), außerdem von Peerlkamp (Haarlem 1818) und in den Sammlungen der griechischen Erotiker von Hirschig (Par. 1856) und Hercher (Bd. 1, Leipz. 1858); ins Deutsche übersetzt von Bürger (das. 1775) und Krabinger (Münch. 1831).