MKL1888:Wogulen
[714] Wogulen, ein zu den ugrischen Finnen gehöriges Volk, am nächsten verwandt den Ostjaken, mit denen sie sich auch gemeinsam Mansi benennen. Die W. leben als Jäger auf den Höhen des nördlichen Urals, von wo sie sich ostwärts bis zum Irtisch, zur Tawda und Tura, westwärts aber bis zur Kama in den Gouvernements Perm und Tobolsk ausbreiten. Im N. gehen sie bis zur Soswa und im S. bis zur Koswa und Tschussowaja. Der größte Teil derselben ist an der Konda seßhaft. Rittich gibt ihre Anzahl in Europa auf 2000 Köpfe an, Ahlquist nimmt für das gesamte Volk nur 6500 Seelen an. Sie nehmen von Jahr zu Jahr an Zahl ab und gehen dem Aussterben entgegen. Die W. sind ein seßhaftes Jägervolk, das aber auch etwas Ackerbau und Fischfang sowie Pferde- und Renntierzucht treibt. Die Jagd in den großen Wäldern auf Elentiere, Zobel, Eichhörnchen bildet ihren Haupterwerbszweig. Die Dörfer oder Paule der W. bestehen aus Sommer- oder Winterjurten; der Hausrat des Volkes ist ein höchst dürftiger, in der Tracht herrschen Renntierfelle vor, Waldvögel und Fische bilden die Hauptnahrung. Die W. sind von mittlerer Größe, haben schwarze oder helle Haare und breite, aber nicht abgeplattete Nasen; mongolisch sind ihre Gesichtszüge nicht. Von Charakter sind sie still und harmlos, der Religion nach äußerlich seit etwa 100 Jahren Christen, innerlich aber noch vollständig im Schamanismus verharrende Heiden. Ihre Sprache gehört der finnisch-ugrischen Gruppe des uralaltaischen Sprachstammes an und ist nahe mit dem Ungarischen, am nächsten mit dem Ostjakischen verwandt. Eine Grammatik derselben in ungarischer Sprache veröffentlichte Paul Hunfalvy (Pest 1872). Vgl. Ahlquist in „Mélanges russes“, Bd. 3 (Petersb. 1865); Derselbe, Unter den W. und Ostjaken (Helsingfors 1883); Reguly, Land und Volk der W. (ungar., Pest 1864).