Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wismut“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 695696
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Wismut. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 695–696. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wismut (Version vom 06.12.2023)

[695] Wismut (Aschblei, Bismuthum, Marcasita) Bi, Metall, findet sich meist gediegen, eingesprengt im Granit, Gneis und Glimmerschiefer sowie im Übergangsgebirge, in der Regel in Begleitung von Kobalt-, Nickel- und Silbererzen, besonders im sächsischen Erzgebirge (Schneeberg), in Devonshire und zu Meymac (Departement Corrèze), auch bei Richelsdorf und Bieber in Hessen, bei Wittich im Schwarzwald, Hasserode im Harz, in Schweden, Norwegen, Ungarn, im Banat, auch in der Schweiz, in Sardinien, Spanien, Kalifornien, Chile, Bolivia, Peru, Brasilien und Südaustralien; es findet sich ferner mit Sauerstoff verbunden als Wismutocker Bi2O3 mit 89,9 Proz. W., [696] mit Schwefel als Wismutglanz Bi2S3 mit 81 Proz. W., mit Kupfer und Schwefel als Kupferwismutglanz Cu6Bi2S6 mit 49,24 Proz. W. und mit andern Schwefelmetallen als Silberwismutglanz, Nadelerz, Kobellit, Wismutkobaltkies, Wismutnickelkies, mit Tellur als Tellurwismut, ferner als kieselsaures (Kieselwismut, Bismutblende) und kohlensaures Wismutoxyd (Bismutit, Wismutspat). Die Hauptproduzenten von W. sind die sächsischen Blaufarbenwerke Oberschlema und Pfannenstiel, in deren Besitz sich die großen Wismutfundstätten von Schneeberg befinden. Die Wismut- und Wismutkobalterze werden geröstet und in den Häfen der Schmalteglasöfen unter Zuschlag von Kohle, Eisen und Schlacken eingeschmolzen. Man erhält hierbei unter der Schlacke zwei scharf getrennte Schichten, von denen die obere aus Kobaltspeise (Arsenverbindungen von Kobalt, Nickel und Eisen), die untere aus W. besteht. Letzteres wird abgestochen, sobald die Speise erstarrt ist. Zur Reinigung des Rohwismuts von Eisen, Kobalt, Nickel, Blei, Silber, Schwefel, Arsen schmelzt man es vorsichtig auf einer schwach geneigten Eisenplatte, wobei ein fast chemisch reines W. abfließt, während die strengflüssigern Verunreinigungen zurückbleiben und Arsen sich verflüchtigt. In den Freiberger[WS 1] Hütten werden hauptsächlich Blei- und Silbererze mit geringem Wismutgehalt verarbeitet, welcher sich schließlich beim Abtreiben des Werkbleies im Blicksilber konzentriert. Beim Feinbrennen des letztern verwandelt sich das W. in Oxyd, welches schmilzt und von der porösen Unterlage im Test, die gewöhnlich aus Mergel besteht, aufgesogen wird. Diese Masse wird mit verdünnter Salzsäure ausgezogen, worauf man aus der geklärten Lösung das W. durch starken Wasserzusatz als Oxychlorid fällt. Letzteres wird gereinigt, getrocknet und mit Soda, Kohle und Glas in eisernen Tiegeln auf metallisches W. verschmolzen (Freiberg). Auch in Altenberg (Sachsen) erfolgt die Wismutgewinnung auf nassem Weg durch Extraktion wismuthaltiger gerösteter Zinnerzschliege mit Salzsäure und Fällen der Lösung mit Wasser. In Corrèze, südlich von Meymac, fällt man das W. aus der Lösung durch Eisenstäbe aus und schmelzt dasselbe in Graphittiegeln unter einer Kohlendecke ein. Das W. des Handels enthält noch geringe Mengen von Arsen, Eisen und andern Metallen und wird behufs vollständiger Reinigung mit Salpeter, Wismutoxyd, basisch salpetersaurem Wismutoxyd oder Braunstein umgeschmolzen. Chemisch reines W. erhält man durch Lösen des Metalls in Salpetersäure, Fällen der Lösung mit der 14fachen Menge Wasser, Kochen des Niederschlags mit verdünnter Natronlauge, Auswaschen, Lösen in Salpetersäure, abermaliges Fällen und Reduktion des Niederschlags. W. ist rötlichweiß, stark glänzend, auf dem Bruche großblätterig-kristallinisch, hart, sehr spröde, Atomgewicht 210, spez. Gew. 9,8, es schmilzt bei 270°, erstarrt unter beträchtlicher Ausdehnung, ist in hoher Temperatur flüchtig, in trockner Luft unveränderlich, oxydiert sich oberflächlich in feuchter Luft, verbrennt in der Glühhitze mit bläulicher Flamme zu Wismutoxyd, widersteht verdünnter Salzsäure und Schwefelsäure, wird von konzentrierter Salzsäure schwer angegriffen, gibt mit heißer konzentrierter Schwefelsäure schwefelsaures Wismutoxyd, löst sich leicht in Salpetersäure und Königswasser, verbindet sich leicht mit Chlor, Brom und Jod, auch mit Schwefel und bildet leicht schmelzbare Legierungen. In seinen niedern Verbindungsstufen ist das W. dreiwertig, in den höhern fünfwertig; es bildet mit Sauerstoff ein Oxydul BiO, ein Oxyd Bi2O3 und Wismutsäureanhydrid Bi2O5. W. dient zur Darstellung von Legierungen und einigen Präparaten, die in der Medizin, zu Porzellanfarben, als weiße Schminke, in der Glasfabrikation etc. benutzt werden. Das W. wird zuerst von Basilius Valentinus erwähnt, doch herrschte lange Zeit Verwirrung über dasselbe, bis Pott und Bergman die Eigentümlichkeit des Metalls sicher feststellten. Man gewann es als Nebenprodukt bei der Fabrikation der Schmalte; eine größere Bedeutung gewann es aber erst seit Entdeckung der leichtflüssigen Wismutlegierungen und der Verwendungsfähigkeit einiger Verbindungen zu medizinischen Zwecken. Die Wismutindustrie begann daher erst vor ca. 50 Jahren und ist erst in den beiden letzten Dezennien zu beträchtlicher Ausdehnung gelangt. Die Wismutproduktion beträgt gegenwärtig etwa 25,000 kg, und davon entfallen auf die sächsischen Blaufarbenwerke 18,000, auf Freiberg 2500, Johanngeorgenstadt 1500, Altenberg 500 und England (aus südamerikanischen und australischen Erzen) 2500 kg.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Freiburger