Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Winderhitzung“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 669
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Winderhitzung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 669. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Winderhitzung (Version vom 29.11.2022)

[669] Winderhitzung. Die in Schmelzöfen zur intensiven Verbrennung des Brennstoffes oder zur kräftigen Oxydation dienende, mittels Gebläse (s. d.) erzeugte komprimierte Luft wurde früher immer in kaltem Zustand angewendet, bis 1828 Neilson zeigte, daß durch vorheriges Erhitzen derselben die Verbrennungstemperatur gesteigert und bei vermehrter Produktion eine bedeutende Ersparung an Brennstoff erzielt wird. Bei Oxydationsprozessen (Abtreiben des Bleies, Garmachen des Kupfers etc.) hat sich heiße Gebläseluft viel weniger vorteilhaft bewiesen als bei Reduktionsprozessen und namentlich beim Eisenhochofenprozeß. Sie begünstigt zwar die Reduktion der Kieselsäure, deren Silicium ins Roheisen übergeht und dessen Eigenschaften verschlechtert; aber durch Steigerung der Kalkzuschläge wird die Siliciumreduktion wesentlich vermindert und für viele Zwecke der Roheisenverwendung unschädlich gemacht. Dagegen trägt die erhitzte Luft noch zur Entfernung des Schwefels aus den Schmelzmaterialien durch die Schlacke bei und begünstigt die häufig wünschenswerte Reduktion von ins Roheisen eintretendem Mangan. Die Winderhitzungsapparate bestehen meist noch aus gußeisernen Röhren, welche in einem gemauerten Raum entweder horizontal liegen und durch Krümmlinge verbunden sind (Wasseralfinger Apparat), oder hosenbeinartig in Reihen nebeneinander auf zwei in einem gewissen Zwischenraum horizontal gelagerten weiten Röhren stehen (Hosenröhren-, Siphon-, Calder- oder schottischer Apparat). Letztere sind auch wohl durch Scheidewände in einzelne Abteilungen geteilt, die durch gekrümmte Röhren miteinander verbunden sind (Clarence-Apparat). Die Röhren werden meist durch die Gichtgase der Hochöfen von außen erhitzt, während die kalte Gebläseluft die Röhren durchzieht und sich erwärmt. Es läßt sich aber in gußeisernen Röhren die Temperatur des Windes zweckmäßig höchstens nur auf 500° C. bringen, weil darüber hinaus die Röhren porös und undicht werden, und man wendet daher neuerdings Ziegelapparate an, welche eine Erhitzung des Windes auf 800° C. und mehr gestatten. Bei diesen Apparaten ist nach dem Vorschlag von Cowper ähnlich wie bei dem Siemensschen Regenerativsystem ein von feuerfestem Mauerwerk eingeschlossener Raum mit feuerfesten Steinen gitterartig ausgesetzt. Durch die gebliebenen Öffnungen zwischen den Steinen läßt man seltener die heißen Feuergase von einer besondern Feuerung als die Gichtgase der Eisenhochöfen oder in eignen Öfen (Generatoren) erzeugte brennbare Gase (Generatorgase) ziehen, bis die Steine weißglühend geworden sind. Dann stellt man die Gase ab, führt sie in einen zweiten, kalten Regenerator behufs dessen Erhitzung und läßt nunmehr durch den ersten, glühenden Regenerator kalte Luft treten, welche sich in Berührung mit den weißglühenden Steinen auf die obige hohe Temperatur erhitzt. Ist der Generator bis zu einem gewissen Grad abgekühlt, so stellt man Gas- und Luftstrom wieder um. Dieser Apparat verstopft sich leicht durch die von den Feuergasen mitgerissenen Aschenteile, Teerdämpfe etc. und läßt sich auch schlecht reinigen; Whitwell hat daher den gemauerten Raum durch eine Anzahl feuerfester vertikaler Scheidewände in Abteilungen geteilt, in denen abwechselnd heiße Feuergase und zu erhitzende Gebläseluft in vorgedachter Weise zirkulieren. Zur möglichsten Verringerung der Reibung der Luft läßt man dieselbe nicht eine Abteilung nach der andern, sondern gleichzeitig mehrere derselben in auf- und absteigender Richtung durchziehen.