Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wildgärten“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 632
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Wildgärten. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 632. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wildg%C3%A4rten (Version vom 27.12.2022)

[632] Wildgärten (Wildparke, Tiergärten), Waldteile, die durch eine Mauer, einen Zaun oder ein genügend starkes Gatter abgeschlossen sind, und in welchen unter Hintansetzung der forstwirtschaftlichen Bodenbenutzung Wild verschiedener Art gezogen und unterhalten wird. Auf einer Fläche von ca. 250 Hektar kann man in einem Wildgarten ca. 60 Stück Rotwild oder 90 Stück Damwild oder 120 Stück Rehwild, daneben noch 100 Hasen unterhalten, wenn in demselben der Boden frisch ist und durch seine Grasproduktion dem Wild genügende Äsung darbietet, auch für ausreichende Winterfütterung gesorgt wird und es nicht an Wasser fehlt. In W. von der angegebenen Größe kann man jährlich auf einen Abschuß rechnen von 15 Stück Rotwild oder 30 Stück Damwild oder 50 Stück Rehwild, daneben 150 Hasen. Saugärten können bei weitem kleiner, müssen aber mit Mauern oder Plankenzäunen umgeben sein, damit sich die Sauen nicht unter der Umwehrung durchbrechen, es genügen allenfalls schon 10–15 Hektar, um 60–80 Stück Schwarzwild zu unterhalten und jährlich 30–40 Stück abzuschießen. Am besten hält sich Damwild und Schwarzwild; Rot- und Rehwild wird gering und geht zurück, wenn der Tiergarten nicht von erheblicher Größe ist und viel Abwechselung in Bezug auf die Äsung bietet. Überhaupt wird alles Wild in kleinen W. bald zahm, ist folglich leicht zu erlegen und gewährt deshalb die Jagd darauf wenig Vergnügen. Die Bewirtschaftung der W. ist durch den Zweck, welchen man bei Unterhaltung derselben verfolgt, bedingt. Man legt auf geeigneten Stellen jährlich Ackerflächen an, die mit Lupinen, Hafer, Roggen, Kartoffeln bestellt werden, füttert das Wild im Winter mit Hafer, Heu, Eicheln, Kartoffeln, legt Wildwiesen, Salzlecken und Suhlen (s. d.) an, erzieht geschlossene Dickungen, namentlich von Nadelhölzern, bewirtschaftet die ältern Bestände plenterwaldartig, indem man nur einzelne, meist die abständigen Stämme herausnimmt und die Lücken später wieder auspflanzt, bevorzugt endlich diejenigen Holzarten, welche dem Wild besonders angenehm sind (Eichen, Kastanien, Buchen wegen der Mast, Wildobstbäume, Aspen, Eschen etc.). Da das Wild die Kulturen nicht aufkommen lassen würde, so müssen dieselben bis etwa zum 15. Lebensjahr eingegattert werden. Um hierdurch dem Wild nicht zu viel Äsungsfläche zu entziehen, können die Anlagen immer nur auf kleinern Flächen ausgeführt werden. Bei der Auspflanzung kleinerer Lücken verwendet man starke (3–4 m hohe) Heister, welche man mit Pfählen und Dornreisig umgibt, um sie gegen Beschädigungen zu schützen. Vgl. Gödde, Der Wildpark (Leipz. 1881); v. Dombrowski, Der Wildpark (Wien 1885).