Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Widerruf“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 590
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Widerruf. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 590. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Widerruf (Version vom 20.10.2021)

[590] Widerruf (Revocatio), die Erklärung, daß man von einer bestimmten vorher abgegebenen Äußerung (Behauptung, Zusage, Mitteilung etc.) abstehe. Er ist ein erzwungener, wenn man durch äußere Mittel dazu genötigt, ein freiwilliger, wenn er bloß aus innern Beweggründen gethan wird; ein ausdrücklicher, wenn er in klaren, bestimmten Worten, ein stillschweigender, wenn er durch Handlungen erfolgt, aus denen auf dem Weg notwendiger Schlußfolgerung der W. angenommen werden muß. Bei zweiseitigen Rechtsgeschäften ist ein einseitiger W. in der Regel wirkungslos, da zu der Aufhebung eines Vertrags regelmäßig die Übereinstimmung beider Teile erfordert wird. Eine Vollmacht, ein Auftrag kann zwar zu jeder Zeit gültig widerrufen werden; doch muß zuvor der Beauftragte, der Bevollmächtigte wegen aller Kosten, die er infolge des Mandats bestritten hat, von dem widerrufenden Auftraggeber entschädigt werden. Beim Eheverspruch findet der einseitige W. (repudium) nur aus gewissen, im Gesetz bestimmten Ursachen statt, die der andre Teil verschuldet hat. Der zwangsweise W. einer Beleidigung, auf welchen nach älterm Strafrecht neben der Abbitte erkannt werden konnte, ist von der neuern Strafgesetzgebung nicht beibehalten worden.