Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Widerklage“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 590
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Widerklage. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 590. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Widerklage (Version vom 20.10.2021)

[590] Widerklage (Reconventio), diejenige Klage, welche in einem bürgerlichen Rechtsstreit der Beklagte gegen den Kläger vor demselben Gericht und in dem nämlichen Verfahren erhebt. In diesem neuen Prozeß ist der ursprüngliche Beklagte nunmehr Kläger (Widerkläger), der ursprüngliche Kläger aber Beklagter (Widerbeklagter). A hat mich z. B. wegen 1000 Mk. Kaufgeld verklagt; ich gestehe die Klage zwar zu, mache aber einredeweise geltend, daß A mir 1200 Mk. aus einem Darlehen schuldet, und fordere nun meinerseits von A den Überschuß im Weg der W. Nach der deutschen Zivilprozeßordnung kann der Beklagte einen Anspruch bei dem Gericht der Klage widerklagend geltend machen, wenn dieser Anspruch entweder mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den dagegen vorgebrachten Verteidigungsmitteln im Zusammenhang steht; sei es, daß er in Ansehung des Entstehungsgrundes, sei es, daß er durch einen Einfluß auf die rechtliche Beurteilung mit dem geklagten Anspruch oder mit den Einreden oder Dupliken zusammenhängt, welche der Beklagte dem Klaganspruch entgegensetzt. Die W. wird in der mündlichen Verhandlung erhoben. Sie kann bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung, in welcher das Urteil ergeht, angestrengt werden. Man spricht von einem Gerichtsstand der W. (Forum reconventionis) insofern, als die W. vor dem Gericht der Haupt- oder Vorklage erhoben werden kann, auch wenn dieses Gericht für die in der Form einer W. erhobene Klage an und für sich nicht zuständig sein würde. Vgl. Deutsche Zivilprozeßordnung, § 33, 251, 253, 136. Im Strafprozeß spricht man von einer W. mit Rücksicht auf die Vorschrift der deutschen Strafprozeßordnung (§ 198, 232), wonach wechselseitige Beleidigungen und nur auf Antrag zu verfolgende Körperverletzungen in einem und demselben Verfahren zu erledigen sind. Hat daher der eine Teil Antrag auf Strafverfolgung gestellt, so muß der andre Teil bei Verlust seines Rechts den Antrag auf Strafverfolgung auch seinerseits spätestens vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz stellen. Er ist dazu aber auch noch berechtigt, wenn für ihn zu ebendiesem Zeitpunkt die sonst gesetzte dreimonatige Antragsfrist bereits abgelaufen sein sollte.