Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wendegetriebe“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 529
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Wendegetriebe. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 529. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wendegetriebe (Version vom 04.02.2023)

[529] Wendegetriebe, Vorrichtungen, mittels welcher man eine rotierende oder geradlinige Bewegung abwechselnd nach beiden Seiten hin erfolgen lassen kann, wonach man Rotationswendegetriebe und Schubwendegetriebe unterscheidet. Eine andre Einteilung wird danach gemacht, ob die W. selbstthätig oder unselbständig zur Umkehrung gelangen, in welch letzterm Fall die Umkehrung durch einen

Fig. 1. Unselbständiges Wende­getriebe mit Reibungsrädern.

andern Mechanismus eingeleitet werden muß. Ein sehr einfaches unselbständiges Rotationsgetriebe ist das in Fig. 1 dargestellte, wobei AB eine Welle ist, die bei B mittels einer Kurbel (oder auf irgend eine andre Art) gedreht werden kann. Auf ihr sitzt eine Hülse C, die sich wohl auf ihr mittels des Hebels D in der Längsrichtung frei verschieben läßt, aber ihre Drehung mitmachen muß, was durch eine Längsnute in der Welle und eine Feder im Innern der Hülse hervorgebracht wird. Auf der Hülse sitzen zwei Reibungsräder, eben abgedrehte Scheiben SS1, zwischen welchen eine dazu senkrechte Scheibe T sich befindet. Wird nun die Welle AB immer in einer und derselben Richtung gedreht, so wird das Rad T abwechselnd in dem einen oder andern Sinn mitgenommen werden, je nachdem man vermittelst des Hebels D die Hülse mit der Scheibe S oder der Scheibe S1 gegen den Rand der Scheibe T drückt. Statt der Reibungsräder kann man auch konische Zahnräder anwenden, wobei jedoch jede Bewegungsumkehrung von einem heftigen Stoß begleitet ist. Auch kann man diese Zahnräder auf der Welle lose drehbar, aber unverschiebbar machen und so durch Zahnkuppelungen abwechselnd mit einer verschiebbaren, an der Rotation der Welle AB teilnehmenden Hülse verbinden. In letzterm Fall bleiben beide Zahnräder dieser Welle fortwährend mit dem dritten Rad in Eingriff. Sehr vielfache Verwendung

Fig. 2. Dreischeibenwendegetriebe.

(z. B. bei Eisenhobelmaschinen) findet das sogen. Dreischeibenwendegetriebe, welches in verschiedener Anordnung ausgeführt werden kann. Fig. 2 zeigt ein solches mit konischen Rädern. 1, 2 u. 3 sind die drei Riemenscheiben, von denen das W. seinen Namen hat. Davon ist 1 mit der Welle AB fest verbunden und treibt, wenn man einen Treibriemen um sie schlingt, das gleichfalls auf der Welle fest verkeilte Rad I vermittelst dieser um, so daß auch das Rad II mitgenommen wird. Die Scheibe 3 ist durch eine um AB drehbare Hülse mit dem Rade III verbunden, welches gleichfalls in II eingreift; die Scheibe 2 ist lose um AB drehbar und dient nur dazu, den Riemen aufzunehmen, wenn der ganze Mechanismus ruhen soll. Schiebt man den Riemen von 1 über 2 nach 3, so wird jetzt diese Scheibe und somit das Zahnrad

Fig. 3. Mangelrad.

III gedreht, so daß nun das Rad II in entgegengesetzter Richtung umgedreht wird wie vorhin. Unter den selbstthätigen Wendegetrieben ist das bekannteste das sogen. Mangelrad (Fig. 3). Es besteht aus einem Rad R mit runden Zähnen Z (Triebstöcken), die senkrecht zur Radebene stehen. Die Verzahnung ist nicht ganz herumgeführt, sondern läßt an einer Stelle so viel Raum, daß ein kleines Treibrad T hindurchgehen kann. Die Achse des letztern ist so gelagert, daß es sich in radialer Richtung um seinen eignen Durchmesser verstellen kann und zwar so, daß es einmal außen, einmal innen in die Verzahnung des Rades R eingreifen kann. Die Achse von T wird durch eine Kurbel etc. immer in einer und derselben Richtung gedreht. Dabei wird das Rad R bis zu einem äußersten Zahn gedreht, bei welchem angekommen sich die Treibradachse gegen eine gebogene Schiene S legt, welche bei der Weiterdrehung von T dieses um den äußersten Zahn herum auf die andre Seite der Verzahnung (nach innen) führt, wo es nun das Rad R in umgekehrter Richtung bis zum andern äußersten Zahn bewegt, um den es sich, der Schiene S1 folgend, wieder auf die Außenseite der Verzahnung von R führt, so daß nun wieder ein Bewegungswechsel eintritt. Die Peripherie des Rades R mit den Zähnen kann man sich in eine Ebene abgewickelt denken und erhält dann eine Stange mit Triebstöcken, welche durch das Rad T abwechselnd nach einer und der andern Seite verschoben wird, also ein selbstthätiges Schubwendegetriebe, wie es bei Mangeln (Rollen) zum Mangeln oder Rollen der Wäsche vielfach in Anwendung steht. Übrigens kann bei dem W. mit der Bewegungsumkehrung auch vermittelst passender Übersetzungsverhältnisse eine Veränderung der Geschwindigkeit der Bewegung verbunden werden.