MKL1888:Wasserstoffsuperoxyd

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wasserstoffsuperoxyd“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 437
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Wasserstoffsuperoxyd. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 437. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wasserstoffsuperoxyd (Version vom 12.04.2022)

[437] Wasserstoffsuperoxyd H2O2 entsteht sehr allgemein bei Oxydationsprozessen, erhält sich aber wegen seiner leichten Zersetzbarkeit stets nur in geringen Mengen und findet sich in solchen auch in der Atmosphäre. Zur Darstellung löst man Baryumsuperoxyd in verdünnter Salzsäure, kühlt, filtriert, setzt Barytwasser zu, wäscht das ausgeschiedene Baryumsuperoxydhydrat mit schwachem Barytwasser und trägt es in kalte verdünnte Schwefelsäure ein. Die filtrierte verdünnte Lösung von W. kann man durch Ausfrierenlassen oder durch Verdampfen im trocknen Luftstrom unter 30° konzentrieren. Eine 3proz. Lösung hält sich, schwach angesäuert, unter 25° im Dunkeln monatelang. W. bildet einen farblosen Sirup, riecht eigentümlich, schmeckt schrumpfend bitter, löst sich in Wasser und Alkohol, wenig in Äther, spez. Gew. 1,452, erstarrt nicht bei −30°, zersetzt sich sehr leicht in Wasser und Sauerstoff und wirkt daher sehr kräftig oxydierend; doch kann es in andern Fällen auch reduzierend wirken. Eine verdünnte wässerige Lösung verträgt Siedetemperatur, wobei sich das W. zum Teil unzersetzt verflüchtigt. Auf der Zunge erzeugt W. einen weißen Fleck; es bleicht viele Farbstoffe und färbt die Haare aschblond. Man benutzt es daher als kosmetisches Mittel (golden hair wash), zum Bleichen von Elfenbein, Federn, Seide, auch zur Restauration alter Ölgemälde, um vergilbtes und gedunkeltes Bleiweiß wiederherzustellen, und zum Waschen von Photographien, zum Entfernen der letzten Spuren von unterschwefligsaurem Natron, zur Reinigung kostbarer Zeichnungen, als Desinfektionsmittel, als Mund- und Waschwasser etc. In allen diesen Fällen muß man zunächst die dem W. zugesetzte Säure durch ein paar Tropfen Ammoniak fortnehmen, auch sind die zu behandelnden Stoffe durch Seife, Ammoniak, Äther, Benzin etc. von Fett sorgsam zu reinigen; es wäre das vorzüglichste Bleichmittel, wenn es billig genug hergestellt werden könnte, da es nicht wie das Chlor einen die Fasern zerstörenden Stoff in denselben zurückläßt. Es wurde 1818 von Thénard entdeckt.