Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wasserglas“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 421
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Wasserglas. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 421. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wasserglas (Version vom 18.12.2022)

[421] Wasserglas, luftbeständiges, in Wasser lösliches kieselsaures Alkali. Man unterscheidet Kali-, Natron- und Doppelwasserglas und erhält diese Präparate durch Zusammenschmelzen von Quarzsand oder Quarzpulver mit kohlensaurem Kali, resp. kohlensaurem Natron oder mit einem Gemisch von kohlensaurem Kali und Natron, stets unter Zusatz von wenig Holzkohlenpulver. Man schmelzt in Häfen oder in einem vertieften Flammenofenherd und schöpft das fertige W. in Wasser, um es leichter pulvern zu können. Es gleicht völlig dem gewöhnlichen Glas, ist aber in Wasser löslich und hat daher seinen Namen. Es kommt in fester Form oder als sehr konzentrierte Lösung mit 33 oder 66 Proz. W. in den Handel. Die Darstellung der Lösung gelingt am leichtesten unter Druck im Dampfkochtopf. Direkt erhält man eine solche Lösung aus Natronlauge und Feuersteinpulver unter einem Druck von 6–8 Atmosphären; viel leichter löst sich aber die Infusorienerde. Entfärben kann man dies W. durch Zusatz von etwas Kalk und Abgießen von dem entstandenen Niederschlag. Da das W. durch die Kohlensäure der Luft unter Abscheidung von Kieselsäure zersetzt wird, so muß es in verschlossenen Gefäßen aufbewahrt werden. Man benutzt es in der Stereochromie, sehr allgemein als bindendes Mittel, gleichsam als mineralischen Leim, es gibt mit Kreide und noch mehr mit Dolomit eine sehr kompakte, fast marmorharte Masse, ebenso mit phosphorsaurem Kalk, Ätzkalk, Zinkoxyd und Magnesia. Sehr wichtig ist die Benutzung des Wasserglases zur Darstellung künstlicher Steine. Vielfach dient es zum Anstrich von Steinen und Mörtelwänden, zur Darstellung von Zementen und künstlichen Steinen, als Kitt für Steine, Glas, Porzellan, als Schutzmittel gegen das Feuer, indem man damit Holz, Leinwand, Papier etc. anstreicht (hierbei kann man auch feuerfeste Körperfarben, wie Thon, Kreide, Knochenerde, Glaspulver, gepulverte Schlacken, Feld- und Flußspat, zusetzen). Holz wird durch wiederholten Wasserglasanstrich vor Schwamm und Wurmfraß geschützt. Auch als Schlichte, im Zeugdruck, zu Glasuren, zum Reinigen des Wassers in der Glas- und Papierfabrikation (zum Bleichen und als Wasserglasharzleim), als Surrogat und Zusatz zu Seifen etc. wird W. benutzt. Es wurde 1818 von Fuchs entdeckt und zuerst 1823 beim Bau des Münchener Theaters im großen angewandt. Vgl. Creuzberg, Anleitung zum Gebrauch des Wasserglases (Münch. 1864); Zwick, Das W. (Zürich 1877); Krätzer, W. und Infusorienerde (Wien 1886).