Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wasserflöhe“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 419
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Wasserflöhe. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 419. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wasserfl%C3%B6he (Version vom 27.01.2023)

[419] Wasserflöhe (Cladocera), kleine, zur Gruppe der Blattfüßer (s. d.) gehörige Krebschen, welche oft in ungeheurer Anzahl die Pfützen und Lachen erfüllen, auch in den meisten Brunnenwässern leben, im Meer dagegen nur in wenigen Gattungen und Arten vertreten sind. In ihrem Bau schließen sie sich eng den Kiemenfüßern unter den Blattfüßern an, sind jedoch im Einklang mit ihrer sehr geringen Körpergröße einfacher organisiert. Meist wird ihr ganzer Körper mit Ausnahme des Kopfes von einer zweiklappigen Schale umschlossen, aus der nur die großen, als Ruder dienenden Fühler und oft auch ein Teil des Schwanzes hervorragen; nur bei wenigen Arten ist die Schale so klein, daß sie bloß ein Stück des Rückens bedeckt. Außer den Mundgliedmaßen sind 4–6 Paar Schwimmfüße vorhanden. Am Kopf befindet sich ein unpaares, großes, zusammengesetztes Auge, das aus zwei ursprünglich getrennten Augen durch Verschmelzung hervorgegangen ist. Der Darmkanal zieht sich nahezu geradlinig vom Mund zum After; das Herz ist ein kurzer Sack ohne davon ausgehende Adern, so daß das Blut in den Lücken zwischen den Organen fließt. Ein besonderes Interesse bieten die Eierstöcke dar. Sie liegen gleich den Hoden zu beiden Seiten des Darmes als einfache Schläuche; die in ihnen enthaltenen Zellen gruppieren sich hintereinander zu je vieren in der Art, daß jedesmal nur eine von ihnen zum Ei wird, die drei übrigen jedoch sich rückbilden und dem Ei das zu seinem Wachstum nötige Material liefern. Dies gilt aber nur von den sogen. Sommereiern, während bei den größern sogen. Wintereiern nicht aus jeder Vierlingsgruppe ein Ei hervorgeht, sondern sogar bis zu zwölf von ihnen rückgebildet werden, so daß unter Umständen von 48 ursprünglich gleichwertigen Eianlagen nur eine auf Kosten der übrigen 47 sich zum Ei gestaltet. Die Sommereier bedürfen der Befruchtung nicht, werden in einem besondern, auf dem Rücken des Weibchens gelegenen Brutraum untergebracht und entwickeln sich da unter Aufnahme flüssiger Nährstoffe aus dem mütterlichen Blut schon in wenigen Tagen. Unter günstigen Bedingungen kann also die Vermehrung bei den so rasch aufeinander folgenden Generationen enorm sein, zumal dann stets nur Weibchen geboren werden. Die Männchen erscheinen erst dann, wenn ungünstige Verhältnisse das Leben der in den einzelnen Pfützen vorhandenen Kolonien gefährden, also z. B. das Wasser eintrocknet oder gefriert etc. Alsdann bringen die Weibchen größere Eier (Winter-, richtiger Dauereier) hervor, welche sofort befruchtet und darauf in das Wasser oder den Schlamm abgelegt werden. Sie entwickeln sich erst mit Eintritt der günstigern Jahreszeit zu Weibchen, worauf der soeben beschriebene Cyklus von neuem beginnt. Es wechseln also parthenogenetische und zweigeschlechtliche Generationen miteinander ab (s. Parthenogenese). Die W. bewegen sich meist anhaltend und rasch, aber stoßweise fort; einige haben auf dem Rücken einen Saugnapf zum Anheften an feste Gegenstände. Man gruppiert die sehr zahlreichen Formen in mehrere Familien, von denen nur eine (die Polyphemiden) Vertreter im Meer hat. Bekannt ist aus dem Brunnenwasser unter andern der gemeine Wasserfloh (s. d., Daphnia pulex, s. Tafel „Krebstiere“). Vgl. Leydig, Naturgeschichte der Daphniden (Tübing. 1860); Weismann, Beiträge zur Naturgeschichte der Daphnoideen (Leipz. 1876–79).