Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Warenkunde“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 389390
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Warenkunde. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 389–390. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Warenkunde (Version vom 01.02.2022)

[389] Warenkunde (Rohstofflehre), die Lehre von den in der Technik benutzten Rohstoffen, welche die Aufgabe hat, diese Rohstoffe möglichst genau zu unterscheiden, ihre Herkunft zu ermitteln und ihre Eigenschaften mit thunlichster Rücksicht auf ihre Verwendung darzulegen. Die W. gestaltet sich, so aufgefaßt, zu einem Zweig der Technologie im weitern Sinn des Wortes. Den Stoff, den sie zu behandeln hat, kann man nach seiner Herkunft in drei Gruppen teilen: mineralische Rohstoffe, vegetabilische und animalische. Dabei sondern sich gewisse Rohstoffe von bestimmter Verwendung ab und entziehen sich dem Gebiet der W., so die Erze, welche hüttenmännisch verwertet werden, und viele mineralische Stoffe, namentlich Gesteine, welche als Baumaterialien dienen. Bilden diese letztern den Gegenstand der Baumaterialienlehre, so beschäftigt sich mit den vegetabilischen Rohstoffen, welche in der Pharmazie benutzt werden, speziell die Pharmakognosie, während anderseits die W. oft über den Begriff der Rohstofflehre hinausgeht und auch Halbfabrikate und Fabrikate in ihren Bereich zieht. Als selbständiger Wissenszweig entstand die W. erst, als durch die Ausbreitung des Handels zahlreiche Produkte verschiedenster Art aus den verschiedensten Ländern, namentlich die Kolonialprodukte, dem Gewerbe und dem täglichen Gebrauch zugeführt wurden. Die sorgfältigste Behandlung erfuhren zuerst die medizinisch benutzten Körper, und die Pharmakognosie gelangte schnell zur Blüte. Die gewerblichen Waren suchte zuerst Beckmann („Vorbereitung zur W.“, Götting. 1795–1800, 2 Bde.) gründlicher zu behandeln, und die Mehrzahl der folgenden Bearbeiter steht lediglich auf seinen Schultern und vergrößert nur den Umfang des Gebiets, ohne die Schärfe der Charakteristik und die Genauigkeit der Herleitung der Waren zu fördern. Gleich epochemachend wie Beckmanns Arbeit war Böhmers „Technische Geschichte der Pflanzen“ (Leipz. 1794, 2 Bde.); einen wesentlichen Aufschwung [390] gewann die W. erst durch die Anwendung der Chemie und des Mikroskops auf die Untersuchung der Rohstoffe, und dann wurde sie durch Wiesners „Rohstoffe des Pflanzenreichs“ (das. 1873) der Pharmakognosie (s. d.) gleichgestellt. Aus der großen Litteratur sind außerdem hervorzuheben die Lehrbücher und Lexika von Erdmann (11. Aufl., Leipz. 1885), Schedel (6. Aufl., das. 1863, 3 Bde.), Seubert (2. Aufl., Stuttg. 1883, 2 Bde.), Henkel (3. Aufl., Berl. 1882), Merck (3. Aufl., Leipz. 1882), König (9. Aufl., Münch. 1886).