Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Volterra“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 281
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Volterra. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 281. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Volterra (Version vom 28.09.2022)

[281] Volterra, Kreishauptstadt in der ital. Provinz Pisa, 490 m ü. M. auf einem Hügel zwischen den Flüssen Cecina und Era gelegen, ist durch seine etruskischen Baureste bemerkenswert, darunter die alten Stadtmauern und die Porta dell’ Arco (s. Tafel „Baukunst V“, Fig. 3) mit zwei Bogen und drei mysteriösen dunkelgrauen Köpfen, hat außerdem neuere Stadtmauern aus der Zeit Kaiser Ottos I., eine Kathedrale aus dem 13. Jahrh., eine Citadelle (jetzt Strafanstalt), ein Museum etruskischer Altertümer, zahlreiche Alabasterwerkstätten und (1881) 5347 Einw. V. ist Bischofsitz und hat ein Seminar und ein Konviktkollegium. In der Nähe befinden sich reichhaltige Salz- und berühmte Boraxquellen (mit Cecina durch Eisenbahn verbunden), ein Kupferbergwerk, ein etruskischer Begräbnisplatz und etruskische Thermen. V. hieß im Altertum Volaterrä (etrusk. Velathri) und war eine der ältesten und größten der zwölf Bundesstädte Etruriens, später römische Kolonie mit den Rechten eines Munizipiums. Ihre hohe Lage machte sie zu einer starken Festung, die Sulla im ersten Bürgerkrieg erst nach zweijähriger Belagerung 79 v. Chr. einnehmen konnte. Im 12. und 13. Jahrh. war V. Republik; im 14. Jahrh. fiel es an Florenz. Der römische Dichter Persius stammte von V.

Volterra, Daniele da, eigentlich Ricciarelli, ital. Maler und Bildhauer, geboren um 1509 zu Volterra in Toscana, scheint sich anfangs nach Soddoma gebildet zu haben und schloß sich später in Rom Michelangelo an, durch dessen Protektion er dessen Nachfolger als Oberaufseher der Arbeiten am Vatikan wurde. Michelangelo unterstützte ihn mit seinen Ratschlägen und soll ihm auch Zeichnungen für seine Bilder, so für die berühmte Kreuzabnahme, sein Hauptwerk (in Santa Trinità ai Monti zu Rom), gegeben haben. Von seinen übrigen Gemälden sind eine Justitia im Priorenpalast zu Volterra, der bethlehemitische Kindermord in den Uffizien zu Florenz und ein auf beiden Seiten mit derselben Darstellung versehenes Bild (David schneidet Goliath den Kopf ab) im Louvre zu Paris hervorzuheben. Unter Julius III. verlor V. seine Stelle, wandte sich der Plastik zu und ging später nach Florenz, kam dann nach Rom zurück und deckte im Auftrag des Papstes Paul V. die anstößigen Blößen des Jüngsten Gerichts von Michelangelo, was ihm den Spottnamen „Braghettone“ (Hosenmacher) erwarb. Von seinen plastischen Arbeiten ist die Statue der Kleopatra am Brunnen im Korridor des Belvedere am hervorragendsten. Von Frankreich aus erhielt er den Auftrag, die Reiterstatue Heinrichs II. zu fertigen; doch kam nur das Pferd zur Ausführung, das später Ludwig XIII. auf der Place Royale zu Paris trug. V. starb 4. April 1566.