Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Volkmann“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 262263
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Volkmann. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 262–263. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Volkmann (Version vom 27.10.2022)

[262] Volkmann, 1) Alfred Wilhelm, Physiolog, geb. 1. Juli 1801 zu Leipzig, studierte daselbst seit 1821, später auch in London und Paris Medizin und Naturwissenschaft, habilitierte sich 1833 an der Universität zu Leipzig und erhielt 1834 eine außerordentliche Professur, folgte 1837 einem Ruf als Professor der Physiologie nach Dorpat und ging 1843 als Professor der Anatomie und Physiologie nach Halle, wo er 21. April 1877 starb. Er stellte besonders Untersuchungen an über die Physik der Blutbewegung, das Nervensystem, den Gesichtssinn und über die Muskelreizbarkeit. Von seinen Schriften sind zu nennen: „Anatomia animalium tabulis illustrata“ (Leipz. 1831–33, 2 Bde.); „Neue Beiträge zur Physiologie des Gesichtssinns“ (das. 1836); „Die Lehre von dem leiblichen Leben des Menschen“ (das. 1837); „Die Selbständigkeit des sympathischen Nervensystems“ (das. 1842, mit Bidder); „Hämodynamik“ (das. 1850); „De musculorum elasticitate“ (Halle 1856) und „Physiologische Untersuchungen im Gebiet der Optik“ (das. 1863–64, 2 Hefte).

2) Robert, Komponist, geb. 6. April 1815 zu Lommatzsch in Sachsen als Sohn des dortigen Kantors, genoß den ersten Klavier- und Orgelunterricht bei seinem Vater und konnte diesen schon als Knabe im Orgelspiel bei dem Gottesdienst ersetzen sowie ihm das Einstudieren der Sänger für die Kirchenmusiken abnehmen, wodurch er sich frühzeitig Routine im Partiturspiel erwarb. Auch machte er sich schon damals mit der Violine und dem Violoncello vertraut. Nach seiner Konfirmation kam er auf das Lehrerseminar in Zwickau, wo er Anackers Schüler [263] ward, der, das große Talent des Jünglings erkennend, denselben bestimmte, sich ganz der Musik zu widmen. 1836 ging V. nach Leipzig und studierte hier Pädagogik und bei K. F. Becker Musik; namentlich aber wurde Schumanns Einfluß bedeutsam für seine künstlerische Entwickelung und spätere Richtung. Nachdem er von 1839 bis 1842 als Musiklehrer in Prag gelebt, wandte er sich im letztgenannten Jahr nach Pest, wo er, einen vorübergehenden Aufenthalt in Wien (1854–58) abgerechnet, bis an seinen Tod als Lehrer und Komponist (zuletzt ausschließlich in letzterer Eigenschaft) wirkte. Er starb 29. Okt. 1883. V. erfreut sich namentlich als Instrumentalkomponist eines wohlverdienten Rufs, und seine Symphonien (D moll, Op. 44, und B dur, Op. 53), sechs Streichquartette (Op. 9, 14, 34, 35, 37, 43), Klaviertrios (F dur, Op. 3, und B moll, Op. 5), seine Musik zu Shakespeares „Richard III.“ (Op. 68), vor allem seine drei Serenaden für Streichorchester (C dur, Op. 62; F dur, Op. 63; D moll, Op. 69) gehören zu dem Gediegensten und Originellsten, was seit Schumanns Tod auf diesem Gebiet geschaffen worden ist.

3) Wilhelm Fridolin, Ritter von Volkmar, Psycholog, geb. 1821 zu Prag, studierte daselbst die Rechte und (unter Exner) Philosophie, wurde durch diesen für Herbarts realistische Richtung gewonnen, habilitierte sich 1846 als Privatdozent der Ästhetik, später der Philosophie an der Universität seiner Vaterstadt, ward 1856 außerordentlicher, 1861 ordentlicher Professor der Philosophie daselbst; starb 13. Jan. 1877. V. hat sich um die exakte Psychologie im Sinn der Herbartschen Schule, zu deren bedeutendsten Vertretern er gehörte, sowie um die Geschichte dieser Wissenschaft verdient gemacht. Von ihm erschienen: „Elemente der Psychologie“ (Prag 1850); „Grundriß (später Lehrbuch) der Psychologie vom Standpunkt des philosophischen Realismus“ (Halle 1856; 3. Aufl., Köth. 1884–85, 2 Bde.), sein Hauptwerk; „Grundzüge der Aristotelischen Psychologie“ (Prag 1858); „Die Lehre des Sokrates“ (das. 1861).

4) Richard von, Sohn von V. 1), Chirurg, geb. 17. Aug. 1830 zu Leipzig, studierte in Halle, Gießen und Berlin, habilitierte sich 1857 in Halle und wurde 1867 zum Professor der Chirurgie und Direktor der chirurgischen Klinik daselbst ernannt. Im deutsch-französischen Krieg war er konsultierender Generalarzt des 4. Armeekorps, später der Maas- und der Südarmee. V. ist einer der hervorragendsten Chirurgen der Neuzeit und hat sich namentlich um die Einführung der antiseptischen Wundbehandlung in Deutschland verdient gemacht. 1885 wurde er vom deutschen Kaiser in den erblichen Adelstand erhoben. Er schrieb: „Beiträge zur Chirurgie“ (Leipz. 1875) sowie unter dem Pseudonym Richard Leander: „Träumereien an französischen Kaminen“ (16. Aufl., das. 1886); „Aus der Burschenzeit“ (Halle 1876); „Gedichte“ (3. Aufl., das. 1885); „Kleine Geschichten“ (2. Aufl., das. 1888). Seit 1870 gibt er die „Sammlung klinischer Vorträge“ heraus.