Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Unterschlagung“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 1031
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Unterschlagung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 1031. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Unterschlagung (Version vom 14.10.2021)

[1031] Unterschlagung (Unterschleif, Interversio), die wissentliche rechtswidrige Zueignung einer fremden, beweglichen Sache, welche sich im Besitz oder im Gewahrsam des Thäters befindet. Der Thatbestand der U. fällt insofern mit dem des Diebstahls zusammen, als hier wie dort eine Sache den Gegenstand des Verbrechens bildet, welche eine bewegliche und eine fremde, d. h. einem andern gehörige, ist. Ebenso ist der subjektive Thatbestand bei beiden Verbrechen derselbe, indem für beide Vorsätzlichkeit der Handlung, ferner das Bewußtsein, daß die Sache eine fremde, und endlich die Absicht, sich die Sache zuzueignen, erforderlich sind. Verschieden sind die beiden Delikte aber insofern, als es sich bei dem Diebstahl um die Wegnahme einer Sache aus dem Gewahrsam eines andern, bei der U. dagegen um die Zueignung einer solchen Sache handelt, welche sich bereits im Gewahrsam des Thäters befindet. So fällt z. B. der sogen. Funddiebstahl, d. h. die widerrechtliche Zueignung einer gefundenen Sache, nicht unter den Begriff des Diebstahls, sondern unter den der U., weshalb auch dafür die Bezeichnung „Fundunterschlagung“ richtiger wäre. Als schwerer Fall der U. erscheint es nach dem deutschen Strafgesetzbuch, wenn dem Thäter die unterschlagene Sache anvertraut war (sogen. Veruntreuung). Das Reichsstrafgesetzbuch läßt hier Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren eintreten, während es die einfache U. nur mit Gefängnis bis zu drei Jahren bedroht. Beim Vorhandensein mildernder Umstände kann auf Geldstrafe bis zu 900 Mk. erkannt werden. Wie beim Diebstahl, wird auch bei der U. der Versuch bestraft. Ebenso haben beide Verbrechen es miteinander gemein, daß die That nur auf Antrag des Verletzten strafrechtlich verfolgt wird, wenn der Betrag des Verbrechensgegenstandes nur ein geringer ist und der Verletzte mit dem Thäter in Familiengenossenschaft oder häuslicher Gemeinschaft lebte. Diebstahl und U., welche von Verwandten aufsteigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den andern begangen worden, bleiben straflos. Wird eine U. von einem Beamten an Geldern oder andern Sachen verübt, welche er in amtlicher Eigenschaft empfangen oder im Gewahrsam hat, so wird die That als besonderes Amtsverbrechen (s. d.) bestraft. Das österreichische Strafgesetzbuch (§ 181 ff., 461 ff.) kennt als selbständiges Delikt nur die rechtswidrige Zueignung anvertrauten Gutes (Veruntreuung). Vgl. Deutsches Reichsstrafgesetzbuch, § 246 ff., 350 f.; v. Stemann, Das Vergehen der U. und der Untreue (Kiel 1870).