MKL1888:Teilnahme am Verbrechen

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Teilnahme am Verbrechen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Teilnahme am Verbrechen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 15 (1889), Seite 562
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Teilnahme am Verbrechen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 562. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Teilnahme_am_Verbrechen (Version vom 31.05.2023)

[562] Teilnahme am Verbrechen (Mitschuld, Concursus ad delictum), die Beteiligung mehrerer Personen an einer strafbaren Handlung; und zwar spricht man von einer notwendigen T., wenn zu dem Begriff eines Verbrechens, z. B. zu dem Verbrechen des Aufruhrs, das Vorhandensein mehrerer Thäter (Mitschuldige, Komplicen) erforderlich ist, während eine freiwillige T. vorliegt, wenn ein Verbrechen, z. B. ein Diebstahl, von mehreren gemeinschaftlich begangen wird, welches aber auch von einer einzelnen Person verübt werden kann. Die der gemeinschaftlichen Ausführung vorangehende Verabredung eines oder mehrerer einzeln bestimmter Verbrechen wird Komplott genannt. Handelt es sich dagegen um eine Verbindung, welche auf die Wiederholung von einzeln noch nicht bestimmten Verbrechen gerichtet ist, so wird dieselbe als eine Bande bezeichnet. Keine T. ist die Begünstigung (s. d.), weil es sich dabei um einen nachträglichen Beistand handelt. Nur wenn die Begünstigung vor Begehung der That zugesagt war, soll sie als Beihilfe bestraft werden. Im übrigen werden in dem deutschen Strafgesetzbuch Mitthäter, Anstifter und Gehilfen unterschieden. Mitthäter sind diejenigen, welche ein Verbrechen gemeinschaftlich ausführen. Wird dagegen die verbrecherische That von einer Person (dem physischen Urheber) ausgeführt, welche hierzu von einer andern (dem intellektuellen Urheber) durch Geschenke oder Versprechen, durch Drohung, durch Mißbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrtums oder durch andre Mittel vorsätzlich bestimmt worden war, so erscheint die letztere als Anstifter (mittelbarer, intellektueller, moralischer, physischer Urheber). Hat dagegen der Teilnehmer dem Thäter nur wissentlich durch Rat oder That Beihilfe geleistet, so wird er als Gehilfe bestraft, und zwar kennt das deutsche Strafgesetzbuch eine strafbare Beihilfe nur bei eigentlichen Verbrechen und Vergehen, nicht auch bei bloßen Übertretungen. Von den Mitthätern wird jeder als Thäter bestraft (§ 47); ebenso wird der Anstifter gleich dem Thäter bestraft (§ 48). Die Strafe des Gehilfen dagegen ist geringer als diejenige des Thäters; sie soll sich nach den Grundsätzen des Versuchs richten und diesen entsprechend ermäßigt werden (§ 49). Übrigens ist auch der Versuch der Anstiftung für strafbar erklärt, wofern es sich um ein eigentliches (schweres) Verbrechen handelt, zu welchem der Anstifter einen andern, wenn auch ohne Erfolg, aufforderte. Die lediglich mündlich ausgedrückte Aufforderung zum Verbrechen wird nur dann bestraft, wenn diese Aufforderung an die Gewährung von Vorteilen irgend welcher Art geknüpft war. Auch die Annahme einer solchen Aufforderung ist strafbar. Das Komplott, bei welchem es noch nicht zum Beginn der Ausführung der verbrecherischen That gekommen, ist beim Hochverrat (§ 83) strafbar. Im deutschen Militärstrafgesetzbuch (§ 59) ist auch die Verabredung eines Kriegsverrats mit Strafe bedroht. Die Komplotthäupter (Rädelsführer) sind beim Hochverrat und beim Landfriedensbruch vom Gesetz als besonders strafbar bezeichnet. Die Bande ist nach dem Reichsstrafgesetzbuch an und für sich nicht strafbar. Dagegen macht die bandenmäßige Ausführung den Diebstahl und den Raub zum schweren Diebstahl, resp. Raub. Vgl. v. Bar, Zur Lehre vom Versuch und Teilnahme am Verbrechen (Hannov. 1859); Langenbeck, Die Lehre von der T. (Jena 1867); Schütze, Die notwendige T. (Leipz. 1869).