Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Straußvögel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 383
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Straußvögel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 383. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Strau%C3%9Fv%C3%B6gel (Version vom 17.03.2023)

[383] Straußvögel (Ratitae, hierzu Tafel „Straußvögel“, auch Kurzflügler [Brevipennes] oder Laufvögel [Cursores]), eine der Hauptgruppen der Vögel, in erster Linie durch den Bau ihres Brustbeins charakterisiert, das nicht, wie bei allen andern Vögeln, einen hohen Knochenkamm zum Ansatz der Flugmuskeln besitzt, sondern flach bleibt. Die Flügel sind mehr oder weniger verkümmert und können höchstens zur Beschleunigung des Laufs dienen. Der ganze Knochenbau weicht ferner in manchen Punkten wesentlich von dem der übrigen, d. h. der fliegenden, Vögel ab: so sind die Knochen nicht hohl und mit Luft erfüllt, sondern fest und schwer (namentlich sind die Hinterbeine sehr massiv); so bleiben die Schädelknochen in der Jugend noch lange Zeit voneinander getrennt; so verwachsen die einzelnen Teile des Schultergürtels zu einem einzigen Knochen; so sind die Schlüsselbeine rückgebildet etc. Der Oberarm ist entweder lang, wie bei den Straußen im engern Sinn, oder sehr kurz oder ganz und gar verkümmert. Die Zahl der Zehen wechselt zwischen zwei und vier und gibt ein gutes Unterscheidungsmerkmal für die Unterabteilungen der S. ab. Der Schnabel ist stets flach, meist auch kurz. Die Zunge ist sehr klein. Ein Kropf fehlt meistens; der Magen ist außerordentlich muskulös und derb („Straußenmagen“); die Gallenblase fehlt bei einigen Formen. Der untere Kehlkopf ist nirgends vorhanden. Auch die Bürzeldrüse fehlt. Im männlichen Geschlecht sind die Begattungsorgane zum Teil sehr gut entwickelt (s. Vögel). Das Gefieder entbehrt durchaus der Schwung- und Steuerfedern; die Federn selbst unterscheiden sich von den gewöhnlichen Vogelfedern dadurch, daß die Strahlen nicht zusammenhängen, sondern lockere Büschel bilden, und sind daher weich und wie Flaumfedern anzufühlen. An den Konturfedern sind bisweilen ein oder zwei Afterschäfte von gleicher Größe mit dem Hauptschaft vorhanden. Manche Stellen am Kopf, Hals und an der Brust bleiben ganz nackt. Die S. sind meist ansehnliche Vögel und haben namentlich unter den Fossilen riesige Vertreter. In der Schnelligkeit des Laufs übertreffen einige von ihnen sogar die besten Renner unter den Säugetieren. Sie bewohnen meist die Steppen und Ebenen der Tropen und nähren sich von Vegetabilien; vielfach lebt ein Männchen mit mehreren Weibchen zusammen. Die zuweilen sehr großen Eier werden vorzugsweise vom Männchen bebrütet. In der Gegenwart fehlen die S. in Europa, waren jedoch einst vorhanden, wie die Funde in England darthun. Ihre Existenz in den frühern Epochen der Erdgeschichte war so lange möglich, wie noch nicht die großen Raubtiere aufgetreten waren; zur Zeit ist die Gruppe im Aussterben begriffen und hat sogar in historischer Zeit sich wesentlich vermindert (s. unten). Sie umfaßt nur noch 5 Gattungen mit 20 Arten, zu denen noch 5 Gattungen und 14 Arten jüngst ausgestorbener hinzukommen. Als schwimmender Strauß ist der neuerdings in der Kreide von Kansas aufgefundene Hesperornis zu betrachten, dessen Schnabel aber mit Zähnen besetzt war; er leitet zu den Reptilien über (s. Vögel). Abgesehen von ihm teilt man die S. in 6 Familien:

1) Äpyornithiden (Aepyornithidae) mit der Gattung Aepyornis (3 Arten). Bewohnten Madagaskar, wo man im Alluvium Teile des Skeletts und die enormen Eier (achtmal größer als Straußeneier) gefunden hat. A. maximus ist vielleicht der Vogel Rok der Sage.
2) Palapterygiden (Palapterygidae) mit 2 Gattungen und 4 Arten. Füße dreizehig, Flügel sehr verkümmert. Lebten auf Neuseeland.
3) Moas oder Dinornithiden (Dinornithidae) mit 2 Gattungen und 7 Arten. Füße zweizehig, Flügel fehlten wahrscheinlich ganz. Lebten auf Neuseeland zum Teil noch mit Menschen zusammen und leben in kleinern Arten dort vielleicht auch jetzt noch. Hierher Dinornis giganteus oder Moa (s. d.).
4) Kiwis oder Schnepfenstrauße (Apterygidae). Schnabel sehr lang, Nasenlöcher an seiner Spitze, Flügel und Schwanz nicht hervortretend, Beine sehr stark, Füße vierzehig. Hierher die Gattung Apteryx (Kiwi, s. d.) mit 4 Arten, sämtlich von Neuseeland.
5) Kasuare (Casuaridae). Schnabel ziemlich lang, hoch, Schwanz nicht hervortretend, Hals kurz, Füße dreizehig. Hierher die Gattungen Casuarius (Kasuar, s. d., 9 Arten, Australien und benachbarte Inseln) und Dromaeus (Emu, s. d., 2 Arten, Australien).
6) Strauße (Struthionidae). Schnabel breit, flach, Hals und Läufe sehr lang, Flügel zum Teil verkümmert, Füße drei- oder zweizehig. Hierher die Gattungen Rhea (amerikanischer oder dreizehiger Strauß, oder Nandu, 3 Arten, Südamerika) und Struthio (afrikanischer oder zweizehiger Strauß, s. Strauß, 2 Arten, Afrika, Arabien, Syrien).

[Ξ]

Straußvögel.
Strauß (Struthio camelus). 1/10. (Art. Strauß.)
Nandu (Rhea americana). 1/10. (Art. Nandu.)
Kiwi (Apteryx australis). 1/5. (Art. Kiwi.)
Helmkasuar (Casuarius galeatus). 1/10. (Art. Kasuar.)