Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Spieß“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 145
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Wiktionary: Spieß
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Spieß. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 145. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Spie%C3%9F (Version vom 22.06.2024)

[145] Spieß, Stoßwaffe mit langem Schaft und dünner Eisenspitze, s. v. w. Pike (s. d.).

Spieß, 1) Christian Heinrich, Schriftsteller auf dem Gebiet des niedern Romans, geb. 1755 zu Freiberg i. S., war längere Zeit Mitglied einer wandernden Schauspielergesellschaft und wurde darauf als Wirtschaftsbeamter auf dem Schloß Betzdiekau in Böhmen angestellt, wo er 17. Aug. 1799 starb. Anfangs schrieb er Schauspiele; später lieferte er besonders Romane, jede Messe einige Bände (z. B. „Der alte Überall und Nirgends“, Geistergeschichte, 1792; „Das Petermännchen“, 1793; „Der Löwenritter“, 1794; „Die zwölf schlafenden Jungfrauen“, 1795, etc.), die wohl noch jetzt in den untern Schichten der Gesellschaft Leser finden und sich insgemein durch wüste Erfindung und platte Ausführung charakterisieren. Vgl. Appell, Die Ritter-, Räuber- und Schauerromantik (Leipz. 1859).

2) Adolf, Begründer einer neuen Richtung des Schulturnens, geb. 3. Febr. 1810 zu Lauterbach am Vogelsberg, wuchs in Offenbach auf und widmete sich mehr und mehr der Pflege und Förderung der Leibesübungen, nachdem er das anfänglich ergriffene Studium der Theologie aufgegeben hatte. 1833–44 an den Schulen von Burgdorf im Kanton Bern, dann 1844–48 in Basel angestellt, entfaltete er hier eine erfolgreiche, eigenartige Thätigkeit als Turnlehrer und Schriftsteller. 1848 zur Leitung des hessischen Schulturnens nach Darmstadt berufen, wirkte er in dieser Stellung mit weit über die Grenzen dieses Landes hinausgehendem Erfolg, bis ihn 1855 ein von früh an in ihm keimendes Lungenleiden, dem er 9. Mai 1858 erlag, von seiner Thätigkeit zurückzutreten zwang. S.’ Verdienst ist es, die Gebiete der Freiübungen (s. d.) und Ordnungsübungen (s. d.) für die Turnkunst erschlossen und systematisch erschöpft sowie die Betriebsform der Gemeinübungen auch für andre Turngebiete eingeführt zu haben. Auch hat er dem Mädchenturnen zuerst entscheidend Bahn gebrochen und überhaupt ein eigentliches Schulturnen erst ins Leben gerufen. Sein Hauptwerk ist die systematische „Lehre der Turnkunst“ (Basel 1840–46, 4 Tle.; 2. Aufl. 1867–85). Zur Anleitung für den Schulturnunterricht ist bestimmt sein „Turnbuch für Schulen“ (Basel 1847–51, 2 Tle.; 2. Aufl. von Lion, 1880–89). S.’ „Gedanken über die Einordnung des Turnwesens in das Ganze der Volkserziehung“ (Basel 1842) sind mit anderm zusammengefaßt nebst Beiträgen zu seiner Lebensgeschichte in seinen „Kleinen Schriften über Turnen“ (hrsg. von Lion, Hof 1872). Vgl. Waßmannsdorff, Zur Würdigung der Spießschen Turnlehre (Basel 1845).