Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Siebwerke“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 19 (Supplement, 1892), Seite 838839
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Siebwerke. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 19, Seite 838–839. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Siebwerke (Version vom 29.12.2024)

[838] Siebwerke dienen zur Trennung von Körpern nach ihrer Größe sowie zur Abscheidung von Flüssigkeiten und gehören wegen der vielseitigen Verwendung zu den wichtigsten Apparaten zahlreicher Gewerbe

Fig. 1. Längenschnitt.
Fig. 2. Grundriß.
Siebwerk mit drei Sieben.

und Industrien. Die Grundlage der S. bilden die Siebe, Flächen aus Blech oder Geweben aus Draht, Garn, Pferdehaar, Holzstäbchen u. dgl. mit einer großen Anzahl von gleichen Öffnungen, welche Körpern von bestimmter Größe das Durchtreten gestatten (Durchfall), größere zurückhalten (Rückhalt), wobei selbstverständlich der Durchfall aus solchen Teilchen bestehen kann, deren Größe von den Sieböffnungen abwärts bis zu den feinsten Teilchen abnimmt, während umgekehrt der Rückhalt alle Größen von den Sieböffnungen aufwärts besitzen kann. Sollen demnach die Teile des Durchfalls möglichst gleich groß sein, so ist ein wiederholtes Sieben in der Weise erforderlich, daß stets die feinern Teile abgeschieden werden. Die Wirkung der Siebe tritt erst ein, wenn das Material der Siebfläche gegenüber in Bewegung gesetzt wird, und zwar entweder durch Aufwerfen, wie z. B. bei den sogen. Wurfsieben in Kiesgruben, oder gewöhnlich durch Schütteln oder Drehen der Siebe oder endlich durch Aufwerfen des Materials und Drehung der Siebe. Sodann ist zu einer guten Wirkung noch eine möglichst regelmäßige Verteilung des Materials in dünnen Schichten über die Sieboberfläche erforderlich. Die groben Siebe werden vielfach aus gelochtem Blech gebildet; da jedoch das Siebgut bei seiner Bewegung längs der glatten Siebfläche leicht über die Löcher hinwegrutscht, so erklärt sich hieraus die Thatsache, daß Siebe aus Drahtgeflecht bedeutend wirkungsvoller sind als Blechsiebe. Die Form der Siebe ist entweder eben (Flachsiebe) oder trommelförmig-cylindrisch und konisch (Trommelsiebe).

Ein einfaches Flachsiebwerk besteht aus einem viereckigen, mit einem Siebe bespannten, an Stangen oder Federn aufgehängten Rahmen, der durch Schlagdaumen oder schnell laufende Exzenter eine rüttelnde Bewegung in der Längenrichtung erhält. Zweckmäßig ist es, solchen Flachsieben eine Neigung gegen den Horizont von 10–20° zu geben, damit das an der höchsten Stelle aufgegebene Siebgut allmählich nach der tiefern Stelle und hier zum Verlassen des Siebes gebracht wird. Um mittels eines Siebes eine Trennung des Materials in mehreren Größen zu ermöglichen, ist nur notwendig, hintereinander Siebe von verschiedener Feinheit in der Art anzubringen, daß das Siebgut zuerst auf das feinste und nach und nach auf die gröbern Siebe gelangt. Weil hierbei jedoch das feinste Sieb am stärksten abgenutzt wird, so ist diese Anordnung selten, diejenige mit mehreren Sieben dagegen stets zu empfehlen. Ein bewährtes Siebwerk mit drei Sieben ist in Fig. 1 und 2 skizziert. Dasselbe besteht aus den drei übereinander liegenden, etwas geneigten Sieben a, b, c von 0,55 m Breite und 1,6 m Länge, welche auf Federn von Eschenholz d, e, f, d1, e1, f1, d2, e2, f2 und d3, e3, f3 gestützt und mittels der Schubstangen g, h und i von drei Kurbeln in rüttelnde Bewegung gesetzt werden, und zwar von einer Welle aus, die in den Böcken k und l gelagert und mit Riemenscheiben sowie einem Schwungrade m versehen ist. Der auf dem obern Siebe liegenbleibende Rückhalt fällt durch die Rinne o in das Gefäß I, der Rückhalt von b und c nach II und III und der feinste Durchfall in den Raum B. Dieses Siebwerk eignet sich vorzüglich zum Sortieren von Stoffen, die in Wasser schwimmend verteilt sind, z. B. Holzschliff. Zu diesem Gebrauch ist der Zulaufständer A angebracht, aus dem bei s über einen breiten Schirm das Material gleichmäßig verteilt auf a gelangt, während das feinste mit dem Wasser durch das Rohr r abgelassen wird. Indem die Welle etwa 500 Umdrehungen in der Minute macht, entstehen an den drei Sieben 1500 Rüttelungen. Eine andre Anordnung mehrerer Siebe besteht darin, daß man die letztern treppenförmig hinter- und übereinander in der Weise [839] aufstellt, daß der Rückhalt des ersten Siebes auf das zweite, von diesem auf das dritte gelangt etc. (Stufensiebe). Übrigens erhalten auch Plansiebe für verschiedene Zwecke oft und vorteilhaft dieselbe Bewegungseinrichtung wie der unter Mühlwesen[WS 1] beschriebene Plansichter.

Die Trommelsiebe werden durch Drehung um ihre Achse in Thätigkeit gesetzt. Das Siebgut wird bei dieser Drehung mit in die Höhe genommen, um aus einer gewissen Höhe auf die untere freie Siebfläche zu fallen. Da einerseits diese Fallhöhe nur gering, die freie Siebfläche nur schmal und die Trommel gewöhnlich ohne Rüttelung ist, so ist die geringe Wirksamkeit dieser Trommelsiebe begreiflich. Zur Hervorbringung einer Bewegung des Siebgutes in der Richtung der Achsen erhalten die letztern eine geneigte Lage oder die Trommeln eine Kegelform. Zum Zwecke einer Absonderung des Materials in mehrere Abstufungen mittels Trommelsiebe werden entweder die letztern mit Sieben von verschiedener Feinheit bespannt oder es kommen mehrere Trommeln nacheinander mit abnehmender Feinheit der Siebmaschen zur Anwendung. Dieselben sind oft in der Achsenrichtung aneinander gefügt und dann so konstruiert, daß der Durchfall der einen Trommel in einen diese umschließenden Mantel und von diesem Mantel in das nächste Sieb von entsprechend größerm Durchmesser fällt, während zugleich der Rückhalt durch die Stirnfläche der Trommel das Siebwerk verläßt. Nach einer sehr viel für gröbere Stoffe (Sand, Kohle etc.) bestimmten Anordnung werden die gewöhnlich kegelförmigen Trommeln ineinander gelegt, so daß der Durchfall von der innersten Trommel aus die andern nach und nach passiert und der Rückhalt aus den Trommeln direkt nach außen gelangt. Höchst zweckmäßig ist eine Anlage, bei welcher mehrere kegelförmige Trommelsiebe, z. B. sechs, treppenartig übereinander angebracht sind, und zwar in der Art, daß der aus dem weitern Kegelende der obern Trommel austretende Rückhalt in das engere Kegelende der zweiten Trommel gelangt etc., weshalb die Trommeln mit parallelen Achsen, aber entgegengesetzt gerichteten Kegelspitzen gelagert werden müssen. Zwischen den Trommeln befinden sich bis auf den Fußboden reichende Wände, welche Behälter für die Aufnahme der verschiedenen Durchfälle bilden, die bequem weggenommen werden können.

Von eigentümlicher Konstruktion ist das sogen. Spiralsieb. Man bezeichnet damit (Fig. 3) eine

Fig. 3. Spiralsieb.

cylindrische, wagerecht gelagerte Drehtrommel, in welcher mehrere, z. B. fünf Siebe s, s1, s2, s3, s4, von absteigender Feinheit konzentrisch verlaufen und so angeordnet sind, daß der Durchfall des einen Siebes von dem andern aufgefangen wird. Zu dem Zwecke schließt sich an jedes Sieb ein Blechbogen (a, b, c, d) an, welcher bei der gezeichneten Drehrichtung die darauf fallenden Teile auf das folgende Sieb bringt. Zugleich sind diese Blechbogen rinnenartig gebogen, so daß diese Rinnen nach Art der Schöpfschaufeln das durchgefallene Material mit sich emporheben und infolge ihrer gegen die Achse geneigten Lage seitwärts aus der Trommel herausschaffen. Zur Verstärkung der Siebwirkung stehen verschiedene Mittel in Anwendung, unter welchen Bürsten und Schlagschaufeln die wichtigsten sind. Die ersten streichen das Material durch die Maschen, indem sie sich unter einem bestimmten Druck drehend, an den Siebflächen hinbewegen. Die Schlagschaufeln wirken in Trommelsieben durch die Zentrifugalkraft und bestehen aus 6–8 und mehr Flügeln, die innerhalb der Trommeln an einer mit der Trommelachse zusammenfallenden Welle sitzen und sich mit dieser derart schnell drehen, daß sie das Material gewaltsam gegen das Sieb schleudern (Zentrifugalsiebe).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Siehe Mühlen (Band 19).