MKL1888:Sicherheitsdienst

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Sicherheitsdienst“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 932
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Sicherheitsdienst. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 932. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Sicherheitsdienst (Version vom 23.11.2022)

[932] Sicherheitsdienst, Einrichtungen zur Sicherung lagernder oder marschierender, also nicht gefechtsfähiger Truppen gegen feindliche Angriffe, bis die Gefechtsformation wiederhergestellt ist. Man unterscheidet S. während der Ruhe (Vorpostendienst) und S. auf dem Marsch (Marschsicherungsdienst od. eigentlichen S., mit welchem der Aufklärungsdienst in nahem Zusammenhang steht). Beim Vorpostendienst stehen zunächst dem Feinde die Feldwachen (30–40 Mann) mit Posten und Patrouillen, hinter ihnen die Piketts, und in dritter Linie lagert das Gros der Vorposten. Jede Feldwache schiebt nach den möglichen Anmarschrichtungen Doppelposten (bei der Kavallerie Vedetten) vor; ist der Standort eines Postens besonders gefährdet, und muß er bis zum Eingreifen der Feldwache verteidigt werden, so besetzt man ihn durch einen Unteroffizierposten, d. h. durch einen Doppelposten, in dessen Nähe die Ablösung von 4 Mann unter einem Unteroffizier sich befindet. Ein Unteroffizierposten an einem größern Verkehrsweg, vornehmlich zum Examinieren der die Postenkette überschreitenden Personen, heißt Examiniertrupp. Einfache Posten werden nur als Zwischenposten (Avertissementsposten) zur Verbindung zwischen einem Doppelposten und dem Soutien der Feldwache oder vor dem Gewehr (bei der Kavallerie Schnarrposten) der Feldwachen oder Piketts aufgestellt. Zur Aufklärung des Vorterrains, namentlich in unübersichtlichem Gelände und bei Nacht und Nebel, schicken die Feldwachen 2–3 Mann als Schleichpatrouillen oder größere Patrouillen unter Führung eines Unteroffiziers oder Offiziers gegen den Feind vor. Außerdem werden Visierpatrouillen, 2 Mann, längs der Postenkette zum Absuchen des Terrains und zur Kontrolle der Posten entsendet. Den Kern für die Widerstandsfähigkeit der gesamten Vorposten bildet das Gros, etwa 1000 Schritt hinter diesem lagert das Gros der Avantgarde. Die Ablösung der Posten erfolgt in der Regel alle 2, der Feldwachen und Piketts alle 24 Stunden. Für den Vorpostendienst ist die Infanterie die eigentliche Waffe, doch werden Infanterie-Feldwachen stets einige Ordonnanzreiter beigegeben, Artillerie nur dann, wenn es sich um das Festhalten bestimmter wichtiger Terrainpunkte, besonders Defileen, handelt. Rückt eine Truppe spät abends in ein unbekanntes Kantonnement, so daß eine regelmäßige Vorpostenaufstellung nicht ausführbar ist, so stellt man an den wichtigsten Punkten Feldwachen auf, welche auf allen Wegen Abteilungen von einem Unteroffizier und 6–9 Mann, sogen. Kosakenposten, vorschieben, die einen lebhaften Patrouillengang unterhalten. Alles, was die Posten in Bezug auf den Feind wahrnehmen, meldet ein Mann an die Feldwache; zeigt sich eine Annäherung des Feindes, die einen Angriff mit Sicherheit erwarten läßt, so schießt der Posten, um die Feldwache zu avertieren, der andre Posten eilt zur Feldwache, um zu melden. In neuerer Zeit verbindet man an den wahrscheinlichen Angriffspunkten stehende Posten, namentlich, wenn sie weit vorgeschoben sind, durch tragbaren Vorpostentelegraphen mit der Feldwache und diese mit dem Pikett und Gros. Die Rücksicht auf die Schlagfertigkeit der Truppe während des Marsches erfordert, daß sie nicht beständig gefechtsbereit sei; sie sondert deshalb kleinere Abteilungen ab, welche vorausmarschieren und nachfolgen, Avantgarde und Arrieregarde, und den S. ausüben. Auch die Avantgarde schiebt wieder zu ihrer Sicherheit eine kleinere Abteilung, die Vorhut (Vortrab), vor, die, wenn es das Terrain irgend gestattet, aus Kavallerie in Stärke von 1–2 Eskadrons gebildet wird und das Terrain vorwärts aufzuklären und möglichst frühzeitig Nachrichten vom Feind einzubringen hat. Die Vorhut zerfällt in Haupttrupp, Vortrupp, Seitenpatrouille und Spitze. Letztere, 2 Mann und 1 Führer, marschiert auf oder dicht neben der Straße; ihr folgt der Vortrupp in etwa ein Viertel der Stärke des Haupttrupps. Zur Aufklärung des seitlichen Terrains werden vom Vortrupp eventuell nach rechts und links Seitenpatrouillen, in sehr unübersichtlichem Terrain stärkere Seitentrupps entsendet. Stößt die Vorhut auf den Feind, so muß sie langsam fechtend zurückweichen, um dem Gros Zeit zu gewähren, sich in Gefechtsbereitschaft zu setzen. Lang auseinander gezogen marschierende Truppen lassen kleine Abteilungen, die Seitendeckungen, nebenher marschieren, welche wieder Spitze und Seitenpatrouillen aussenden. Auf dem Rückzug formiert die Arrieregarde zu ihrer Sicherung aus 1–2 Eskadrons eine Nachhut, die sich wieder in Haupttrupp, Nachtrupp, Seitenpatrouille und Spitze teilt. Auch beim Vormarsch formiert man eine kleine Nachhut aus Kavallerie. Von armierten Festungen werden an besonders wichtigen Punkten des Vorterrains, die bereits im Frieden hierzu bestimmt wurden, Feldwachen mit Vorposten derart ausgestellt, daß sie in einer zusammenhängenden Kette die Festung umgeben, um das Herannahen des Feindes wie dessen Bewegungen oder Unternehmungen an irgend einer Stelle sofort mittels optischer oder elektrischer Telegraphen der Festung mitteilen zu können. Meist sind ihre Stellungen fortifikatorisch zur Verteidigung eingerichtet oder auch Schützenlöcher oder Schützengräben angelegt. Vgl. „Der S. für die Kavallerie“ (Potsd. 1873); v. Nickisch-Rosenegk, Studien über Patrouillendienst (Berl. 1876); v. Loë, Felddienst der Kavallerie (3. Aufl., Bonn 1876); „Der Vorpostendienst u. Dienst in Biwaks u. Kantonnements“ (Potsd. 1873); Hotze, Dienst der Vorposten (2. Aufl., Teschen 1876).