Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Schweinfurt“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 745
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Schweinfurt. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 745. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schweinfurt (Version vom 30.09.2021)

[745] Schweinfurt, Bezirksamts- und unmittelbare Stadt im bayr. Regierungsbezirk Unterfranken, am rechten Ufer des Mains und in freundlicher Gegend an Rebenhügeln

Wappen von Schweinfurt.

gelegen, Knotenpunkt der Linien Bamberg-Würzburg, Oberndorf-Meiningen und Oberndorf-Gemünden der Bayrischen Staatsbahn, 213 m ü. M., ist mit noch teilweise erhaltenen Festungswerken (von Gustav Adolf erbaut) und hübschen Anlagen umgeben, hat 2 evang. Kirchen (darunter die gotische Johanniskirche mit hohem Turm), eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein stattliches gotisches Rathaus mit Bibliothek, eine Markthalle, große Marktstallungen etc. u. (1885) 12,502 meist evang. Einw. Die Industrie ist sehr lebhaft. S. hat bedeutende Fabrikation von Farben (Schweinfurter Grün, Bleiweiß, Ultramarin), Fabriken für Herstellung von Schuhwaren, Malz, Maschinen, Leder, Zucker, Stärke, Nudeln, Margarinbutter, Schrot, Seife, Lichten, Likör, Tabak, Baumwollgarn, Mineralwasser, Korb- u. Faßwaren, Brauerei- u. Brennereiapparaten etc., ferner zwei große Kunstmühlen, Dampfsäge- und Lohmühlen, Glockengießerei, lithographische Anstalten, Porzellanmalerei, große Bierbrauereien, Ziegelbrennerei, Getreide-, Obst-, Wein- und Gemüsebau u. dgl. m. Der Handel, unterstützt durch eine Filiale der königlichen Bank in Nürnberg und eine Agentur der Bayrischen Notenbank, ist bedeutend in Materialwaren, Droguen, Wein, Spiritus, namentlich aber in Vieh. Die dortigen Rindvieh- und Schafmärkte, welche alle 14 Tage abgehalten werden, zählen zu den bedeutendsten Deutschlands. Der Zutrieb beträgt im Jahr etwa 30–40,000 Rinder (wovon 5–6000 schwere Zugochsen im Wert von 3 Mill. Mk. nach Norddeutschland ausgeführt werden) und 40–50,000 Schafe. S. ist Sitz eines Landgerichts, eines Forstamtes, eines Hauptzollamtes und hat ein Gymnasium (von Gustav Adolf gegründet), eine Realschule, ein Theater, ein Waisenhaus, ein Rettungshaus für verwahrloste Kinder, einen Gewerbeverein mit Gewerbehalle etc. Nahebei das stattliche Schloß Mainberg am Main (ehedem eine Burg der Grafen von Henneberg, jetzt der Familie Sattler gehörig) mit sehenswerten Altertümern und schönen Anlagen, desgleichen die Ruine Peterstirn, seit 1874 im altertümlichen Stil neu auf- und ausgebaut. S. ist Geburtsort des Dichters Rückert. An seinem Geburtshaus auf dem Marktplatz eine Gedenktafel mit Reliefbild in Bronze. Ein Standbild des Dichters wird im J. 1889 auf dem Marktplatz errichtet. Zum Landgerichtsbezirk S. gehören die 15 Amtsgerichte zu Bischofsheim v. d. Rh., Eltmann, Euerdorf, Gerolzhofen, Hammelburg, Haßfurt, Hofheim i. B., Kissingen, Königshofen, Mellrichstadt, Münnerstadt, Neustadt a. S., S., Volkach und Werneck. – S. (Suinfurt, Suinvordi) war schon im 10. Jahrh. eine Burg und Sitz der Markgrafen von S., wurde aber 1003 nach der Empörung des Markgrafen Heinrich auf Befehl des Königs Heinrich II. geschleift. Als das markgräfliche Geschlecht 1057 ausstarb, fiel S. an das Reich zurück, kam dann an die Grafen von Henneberg und erhielt im 13. Jahrh. Stadtrecht. Die Stadt, welche nun Reichsunmittelbarkeit beanspruchte, wurde 1240 vom Bischof von Würzburg zerstört, 1259 neu erbaut und war längere Zeit an Würzburg und Henneberg verpfändet. 1354 ging die Pfandschaft an den Bischof von Würzburg allein über, ward aber 1431 von der Stadt abgelöst und damit die Reichsfreiheit erworben. 1553 vom Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach besetzt, ward S. 1554 von bischöflichem und nürnbergischem Kriegsvolk erobert und verbrannt. 1803 kam die Stadt an Bayern, 1810 an das Kurfürstentum Würzburg, 1814 aber wieder an Bayern. Vgl. Beck, Chronik der Stadt S. (Schweinf. 1836–41, 2 Bde.); Enderlein, Die Reichsstadt S. während des letzten Jahrzehnts ihrer Reichsunmittelbarkeit (das. 1863); Stein, Geschichte der Stadt S. (das. 1873); Derselbe, Monumenta Suinfurtensia (das. 1875).