Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 14 (1889), Seite 563565
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Schmieden. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 563–565. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schmieden (Version vom 14.12.2023)

[563] Schmieden, im weitern Sinn die Formänderung, welche durch Hammerschläge an Metallen vollzogen wird (Eisenschmied, Goldschmied, Silberschmied), im engern Sinn solche Arbeiten an glühendem Eisen und Stahl, welche wiederum nach den Produkten als Messerschmieden, Hufschmieden, Nagelschmieden etc. verschiedene Zweige bilden. Zum Zweck des Schmiedens

Fig. 1. Schmiedeherd.

ist das Eisen erst in den Schmiedefeuern (Essen, Herden) glühend zu machen, welche gewöhnlich die durch Fig. 1 dargestellte Einrichtung haben. An der Seite einer Brand- (Feuer-) Mauer K ist eine viereckige Vertiefung F, die Feuergrube, zur Aufnahme der Kohlen (Holz- oder Steinkohlen oder Koks) angebracht. In die Feuergrube mündet die in die Platte o geschobene Windform s (Form, Eckeisen), in welche die Düse eines Gebläses (Blasebalgs, Zentrifugalventilators etc.) gesteckt wird. Ferner befindet sich bei A ein Gewölbe zum Aufbewahren von Brennmaterial, bei H ein Raum für die aus dem Feuer gerissenen Schlacken u. bei L ein mit Wasser gefüllter Löschtrog. Zum Abziehen des Rauchs dient der Rauchfang m, der denselben in den Schornstein b leitet. In größern Anlagen werden die Feuer so angelegt, daß sie von allen Seiten zugänglich u. für alle Arten von Schmiedearbeiten brauchbar sind. Große Arbeitsstücke werden in Flammöfen (Glühöfen) erhitzt. Die gewöhnliche Schmiedehitze ist Rotglut, Schweißen fordert Weißglut. Kleine Arbeiten werden von einem einzigen Arbeiter geschmiedet, dabei mit der Linken an der Zange festgehalten, mit der Rechten mittels des Hammers bearbeitet; größere bedürfen eines Schmiedes (Meisters) und eines oder mehrerer Gehilfen (Zuschläger); der erstere wendet und dreht das Schmiedestück und gibt mit seinem kleinen Hammer die Stellen an, welche von den Zuschlägern mit ihren großen, mit beiden Händen geschwungenen Hämmern (Vorschlaghämmern) getroffen werden sollen. Die vom Schmied auszuführenden Hauptoperationen sind: das Ausdehnen unter Verminderung des Querschnitts (Strecken), das Verkürzen unter gleichzeitiger Verdickung (Stauchen), das Biegen, Zerschneiden oder Einschneiden eines Schmiedestücks, Schroten (Abschroten, Durchschroten) und das Vereinigen getrennter Stücke (Schweißen). Die Hauptwerkzeuge des Schmiedes sind Hammer und Amboß. Zur besondern Formgebung dienen Gesenke, Setzhämmer, Durchschlag, Abschrot und Nageleisen; zum Fassen der glühenden Eisenstücke besonders geformte Zangen, welche in der Regel durch Klammern oder Zwangringe geschlossen erhalten werden. Das Strecken eines Schmiedestücks erfolgt durch Bearbeiten mit den Hammerfinnen, indem man dieselben zu der Richtung, in der die Dehnung erfolgen soll, rechtwinkelig aufsetzt. Zum Stauchen z. B. einer Welle an einer bestimmten Stelle werden Schläge in Richtung der Wellenachse erteilt, während das Arbeitsstück gegen den Amboß gehalten wird. Größere Wellen werden gestaucht, indem man sie hoch hebt und vertikal gerichtet auf einen eisernen oder steinernen Klotz fallen läßt. Das Biegen erfolgt auf der Amboßkante oder auf dem Sperrhorn. Zum Biegen von Radreifen u. dgl. bedient man sich besonderer

Fig. 2. Biegewalzwerk.

Maschinen (Biegmaschinen), welche in Fig. 2 aus drei Walzen abc bestehen, von welchen a und b das Arbeitsstück fassen und gegen die dritte c schieben, an der es konstant abgelenkt und daher kreisförmig gebogen wird. Die Vorwalze d erleichtert diese Arbeit; b und c sind für die Dicke und den Krümmungshalbmesser verstellbar. Das Abschroten geschieht unter Zuhilfenahme des sogen. Abschrots, eines in dem vierkantigen Amboßloch zu befestigenden Werkzeugs, welches die Form eines Meißels mit nach oben gerichteter Schneide von etwa 30° Schneidwinkel hat; man legt oder setzt auf dasselbe das glühende Werkstück, setzt darauf den Schrotmeißel, einen Hammer mit messerartiger Finne, und schlägt mit den Schmiedehämmern, bis das Stück durchschnitten ist. Beim Schweißen benutzt man die Fähigkeit zweier Stücke Eisen, sich in weißglühendem Zustand unter Hammerschlägen vereinigen zu lassen. Man schweißt nicht nur Eisen an Eisen, sondern auch Stahl an Eisen und erreicht dadurch z. B. bei schneidenden Werkzeugen den Vorteil, daß die Werkzeuge nach dem Härten einerseits die Festigkeit und Unzerbrechlichkeit des Eisens, anderseits an den Stellen, wo dies nötig ist, die Härte des Stahls besitzen. Um die erforderlichen reinen Metallflächen zu erhalten, bestreut man diese mit thonhaltigem Sand, Glaspulver oder Borax, weil sich dann eine Schlacke bildet, die das Metall überzieht und die Oxydation verhindert. Als besondere Schweißpulver empfiehlt man für Stahl auf Eisen: 35,6 Borsäure, 30,1 trocknes Kochsalz, 26,7 Blutlaugensalz, [564] 7,6 Kolophonium und für Stahl auf Stahl: 41,5 Borsäure, 35 trocknes Kochsalz, 15,5 Blutlaugensalz, 8 entwässertes kohlensaures Natron. Bisweilen schweißt man auch durch Druck unter Anwendung der hydraulischen Presse oder zweier Walzen. Die Längenfugen an Dampfkesseln werden auch durch eine Schweißmaschine zusammengeschweißt, deren Hauptbestandteil ein hammerartiger, durch Druck wirkender Stempel ist. Ohne Benutzung des Hammers, durch ruhigen Druck schmiedet man kleinere Gegenstände, z. B. Schraubenmuttern, in Schmiedemaschinen, welche aus einem festen Untergesenk und einem regelmäßig auf- und niedergehenden Obergesenk bestehen. Der Arbeiter hat hier nur dem Gesenk immer geeignetes Rohmaterial zuzuführen. Zum S. größerer Stücke, z. B. der Lokomotivkreuzköpfe, sind hydraulische Pressen (Schmiedepressen) in Anwendung, welche nach gleichem Prinzip wirken. Eine vom gewöhnlichen S. völlig abweichende Arbeit bildet das Kesselschmieden, bei welchem nach dem Vorzeichnen und Beschneiden der Bleche, dem Ausbohren oder Ausstoßen der Nietlöcher die auf der Blechbiegemaschine gebogenen Bleche zusammengenietet und die Nietfugen behufs der Dichtung verstemmt werden. Vgl. Schmelzer, Einrichtung und Betrieb der Schmieden (Leipz. 1888).

Geschichte der Schmiedekunst.
(Hierzu die Tafel „Schmiedekunst“.)

Die Verarbeitung des Eisens wird schon in den ältesten Schriftquellen, wie in der Genesis und im Homer, erwähnt, und der Mythus bezeichnet Tubalkain (den Hephästos oder Vulkan der Hebräer) als den Erfinder des Schmiedens. Doch finden wir bei zahlreichen alten Völkern, welche es im Guß und in der Ziselierung der Bronze zu bedeutender Fertigkeit gebracht hatten, keinerlei Eisenarbeiten, und Assyrer, Ägypter und Römer scheinen das Eisen nur da angewandt zu haben, wo Bronze nicht hinreichende Festigkeit gewährte: man findet Lanzenspitzen, Schwertklingen, Beile, seltener Schlüssel (s. Tafel, Fig. 1). Wurde in der christlichen Zeit die Benutzung des Eisens häufiger, so blieb es doch lange Zeit noch in der untergeordneten Stellung eines lediglich nützlichen, von der Kunst unberührten Materials. Die Kreuzfahrer lernten im Orient die Methode des Damaszierens, des Zusammenschweißens von Metallschichten verschiedener Härte, die sich an der geschliffenen Oberfläche durch verschiedene Färbung kenntlich machen und ein gewässertes Muster darstellen, sowie das Einlegen von Gold und Silber in Eisen und Bronze (Tauschieren) kennen. Doch kam die künstlerische Entwickelung der Schmiede- und Schlosserarbeit erst durch den Einfluß der gotischen Baukunst in Gang. Sie bewegte sich naturgemäß innerhalb des konstruktiven Systems und der Stilformen der Gotik. Die Kirch- und Hausthüren, aus Brettern zusammengefügt, wurden durch Eisenbänder gehalten, welche, von der Angel wie von einer Wurzel ausgehend, sich verzweigten und in Blättern oder Blumen endigten (Fig. 2 u. 9). Das Schloß wurde nach außen hin durch das Schlüsselschild (s. Schloß, S. 539, u. Fig. 4, 17, 24 der Tafel) oder durch einen größern kunstvollen Beschlag (Fig. 6, 18) charakterisiert. Dazu gesellte sich der Thürklopfer (s. d. und Fig. 3, 25), welcher namentlich in Italien eine reiche plastische Ausbildung erfuhr. Verglaste oder nicht ausgefüllte Öffnungen über den Thüren, Fenster, auch Altane, dann Vorräume, Chöre, Kapellen etc. wurden durch Gitter abgeschlossen. Die Stiegen erhielten eiserne Geländer, Türme, Wimpergen, Giebel eiserne Bekrönungen und Windfahnen. Ferner gaben Kronleuchter, Wandarme, Brunnenhäuser, Schränke, Truhen u. dgl. den Handwerkern, namentlich in Deutschland, Gelegenheit, ihre Kunstfertigkeit zu beweisen. Das Eisen wurde in die zierlichsten Formen geschnitten, auch mit eingeschlagenem Linienornament oder aufgetriebenen Buckeln geschmückt, Beschlagarbeit gern durchbrochen und mit rot oder blau gefärbtem Papier unterlegt, feinere durch Verzinnen, gröbere durch roten Anstrich gegen das Rosten geschützt. Die Renaissance brachte ihre Formensprache auch auf diesem Gebiet zur Herrschaft, welches gleichzeitig eine Erweiterung durch die Einführung der Plattenharnische erfuhr. Die Plattner von Augsburg, Mailand u. a. O. belebten die großen Flächen der Harnische mittels Tauschierung oder durch Ätzung, welche die Zeichnung glänzend stehen läßt, den Grund schwarz färbt; dieselben Verzierungsweisen übertrugen sich auf Waffen und auf Mobiliar, namentlich Truhen, Kassetten, kunstreiche Schlösser, welche nicht bloß auf der äußern, sondern auch auf der innern Seite durch Ätzung verziert wurden. Die monumentalen Werke des 15. und 16. Jahrh. zeigen den ganzen Phantasiereichtum jener Periode und die absolute Beherrschung des Stoffes, die beide in übertreibender Weise auch die Barockzeit charakterisieren, welche in einer überreichen Ornamentation das Metall bisweilen zu Leistungen zwingt, die dessen Wesen widersprechen (Fig. 5, 8, 10, 14, 15 u. 22). Meisterwerke der Kunst im kleinen sind die Schlüssel mit durchbrochener Arbeit (Fig. 7, 13, 16 u. 20).

Der eigentliche Boden für die künstlerische Eisenarbeit blieb Deutschland, doch breitete sich dieselbe über alle Länder des Nordens aus; weniger Neigung für dieselbe zeigte Italien, wo außer den berühmten Fackelhaltern und Laternen des Palazzo Strozzi in Florenz von Niccolò Grosso (15. Jahrh., Fig. 19) und den zierlichen Kaminständern, Dreifüßen u. dgl. venezianischer Arbeit und aus dem 17. Jahrh. wenig Hervorragendes gemacht worden ist. Der gänzliche Verfall der Schmiede- und Schlosserkunst begann mit der Zeit des ersten Napoleonischen Kaiserreichs und zeigte sich in dem Verkleiden und Übertünchen des Eisenwerks an Thüren, Möbeln etc. wie im Überhandnehmen der Gußarbeit. Aus der Blütezeit der Schmiedekunst sind noch folgende Werke hervorzuheben: die romanischen Thürbeschläge von Notre Dame zu Paris (Ende des 12. Jahrh., Boiscornut zugeschrieben), der Brunnen vor dem Dom zu Antwerpen (1470, dem Maler Quintin Massys zugeschrieben), der Kronleuchter der Kirche zu Vreden in Westfalen (1489 von Gert Bulsinck daselbst), der eiserne Stuhl, welchen die Stadt Augsburg dem Kaiser Rudolf II. verehrte, jetzt in England (1574 von Thomas Rückers in Augsburg), das Gitter des Schönen Brunnens in Nürnberg (1586 von Paul Köhn daselbst), in Eisen geschnittene Figuren in den Museen zu München, Berlin, Kopenhagen etc. von Gottfr. Leygebe (1630–83), die Gitter der Schlösser Belvedere in Wien und Schloßhof bei Preßburg, die Gitter der Place Royale zu Nancy (1760 von Lamour daselbst) und des Schlosses zu Würzburg.

Wie dem Niedergang der Schmiedekunst von Frankreich Vorschub geleistet worden ist, so hat auch dort seit dem Beginn der 60er Jahre der Aufschwung begonnen. Insbesondere hatte der Architekt Pfnorr die Aufmerksamkeit der Werkstätten für Eisenkonstruktion auf die Muster der Gotik, der Renaissance und des 17. Jahrh. gelenkt. Die Portale der Cours d’honneur vor den französischen Hotels, die Gitter der

[Ξ]

Schmiedekunst.
1. Altrömischer Schlüssel. – 2. Thürbeschlag, 15. Jahrh. – 3. Thürklopfer, 16. Jahrh. – 4. Gotisches Schlüsselschild. – 5. Vortreppengeländer. Danzig, 16. Jahrh. – 6. Schloß, 17. Jahrh. – 7. 13. 16. 20. Schlüssel. Franz. Arbeit, 17. u. 18. Jahrh. – 8. Gitter über einer Gartenthür. Nürnberg, 17. Jahrh. – 9. Thürband, 17. Jahrh. – 10. Fenstergitter, 17. Jahrh. – 11. Thürgriffrosette, 15. Jahrh. – 12. Turmkreuz, 17. Jahrh. – 14. Fenstergitter, 18. Jahrh. – 15. Durchbrochener Truhendeckel, 16. Jahrh. – 17. Schlüsselschild, 16. Jahrh. – 18. Thürschloß. Franz. Arbeit, 17. Jahrh. – 19. Italienischer Fackelhalter, 15. Jahrh. – 21. Wandleuchter. Deutsche Arbeit, 18. Jahrh. – 22. Thürgitter. Franz. Arbeit, 18. Jahrh. – 23. Gildehauszeichen, 18. Jahrh. – 24. Gotisches Schlüsselschild, 15. Jahrh. – 25. Thürklopfer, 15. Jahrh.

[565] Pariser Parke, die Gitter an den Bahnhöfen, für die Umfriedigung der Großen Oper die Treppengeländer für die letztere etc. wurden entweder im reichsten Stil der Hochrenaissance im Anschluß an die Loggienornamentik des Vatikans oder in den Stilrichtungen Ludwigs XIV. und Ludwigs XV. ausgeführt, wobei die Technik spielend die schwierigsten Probleme überwand. Man begnügte sich nicht mit den überlieferten vegetabilischen Ornamenten, mit den gehämmerten Ranken, Blättern und Blüten und den phantastischen Spiralen, sondern man fügte auch Namenszüge und bildliche Darstellungen, wie Figuren und Köpfe, in das ornamentale System ein, um eine möglichst reiche malerische Wirkung zu erzielen, welche auch wohl noch durch Vergoldung, Ätzung und Tauschierung verstärkt wurde. – In England hat sich die Schmiedekunst auf Grund der mittelalterlichen immer lebendig erhalten. Wie hoch sie bereits in den 30er Jahren unsers Jahrhunderts in Blüte stand, beweist unter anderm eine Publikation von Henry Shaw: „Examples of ornamental metal-work“ (Lond. 1836), aus welcher hervorgeht, daß die Verwendung des Schmiedeeisens für architektonische und dekorative Zwecke eine außerordentliche Vielseitigkeit erreicht hatte. Schon damals wurden nicht allein Gitter, Geländer und Kandelaber aus Rundstäben geschmiedet, sondern auch Laternen, Laternenarme, Rosetten und Beschläge, mit welch letztern Thüren, Thorwege, Fenster, Schränke, Kasten etc. dekoriert wurden. Da die schmiedeeisernen Arbeiten ursprünglich meist bei Kirchen und Schlössern in Anwendung kamen, hielt man sich an den spätgotischen Stil, der freilich stark modernisiert wurde. Daneben fand der antike Stil in jener steifen, gezierten Form Eingang, wie sie das premier empire herausgebildet hatte. Allmählich entwickelte sich die Technik der Schmiedekunst in England zu einer solchen Bedeutung, daß auf der Wiener Weltausstellung von 1873 ein Thor von Barnard, Bishop u. Barnards in Norwich als die Krone aller Schmiedearbeiten bezeichnet werden mußte. – Auch in Österreich hat sich die Wiederaufnahme der Schmiedekunst aus dem kirchlichen Bedürfnis entwickelt. Sie trat daher zunächst in gotischen Stilformen auf, für welche Ferstel und Schmidt Entwürfe lieferten. Die also wieder belebte Technik fand bald solchen Beifall, daß auch für die Profanbauten nach Arbeiten aus Schmiedeeisen Nachfrage gehalten wurde. Für diese Zwecke wurden die Vorbilder aus der italienischen und deutschen Renaissance geschöpft und danach neue Muster komponiert. Der rein architektonische Zweck trat dabei natürlich zunächst in den Vordergrund. In der Folge aber begann man auch in Österreich, kleinere Gebrauchsgegenstände und Geräte, wie Leuchter, Kassetten u. dgl., aus Schmiedeeisen herzustellen. – In Deutschland wurden die ersten Versuche, diese Technik neu zu beleben, in Berlin gemacht und am erfolgreichsten durch Eduard Puls, welcher besonders auf die Muster der deutschen Renaissance zurückgriff und im Verein mit den hervorragendsten Architekten Berlins und durch seine umfangreiche Beschäftigung für Staats- und Kommunalbauten bald eine solche Wirksamkeit entfaltete, daß er 1877 eine große „Mustersammlung moderner schmiedeeiserner Ornamente“ im Charakter der deutschen Renaissance herausgeben konnte, zu welcher seine eigne Werkstatt den größten Teil beigesteuert hatte. Die deutsche Schmiedekunst erstreckt sich gegenwärtig auf alle Arten von Umfriedigungen, Vergitterungen und Beschlägen, welche eine architektonische oder dekorative Bestimmung haben, anderseits auf Geräte und Gebrauchsgegenstände, welche einen von der Architektur und der Dekoration unabhängigen Zweck erfüllen. Um den malerischen Effekt möglichst vielseitig zu gestalten, wird das Eisen geschwärzt oder blank poliert, verkupfert, vernickelt, verzinnt und vergoldet, graviert und tauschiert. Es werden sogar einzelne Teile, wie Blätter, Blumenkelche, Rosetten etc., aus Schmiedeeisen getrieben, und mit letzterm werden auch Kupfer und die neuerfundene Deltalegierung verbunden. Die neuern Gewerbeausstellungen haben den Geschmack an den kleinern Erzeugnissen der Schmiedekunst in die weitern Kreise des Publikums getragen, so daß heute schmiedeeiserne Leuchter, Blumenständer, Kassetten etc. einen integrierenden Bestandteil von Speise- und Wohnzimmereinrichtungen bilden.

Litteratur: Daly, Motifs de serrurerie (Par.); Mathurin Jousse, Ouverture de l’art de serrurier (La Flèche 1650; neue Ausg. ohne den Originaltext, Par. 1874); Hefner-Alteneck, Eisenwerke oder Ornamentik der Schmiedekunst des Mittelalters und der Renaissance (Frankf. 1870); Raschdorff, Abbildungen deutscher Schmiedewerke (Berl. 1875–77, kleine Ausg. 1878); Riewel, Studien über Schmiede- und Schlosserarbeiten in Österreich („Mitteilungen der k. k. Zentralkommission“, Wien 1870); Böheim, Das hämmerbare Eisen in der Kunstindustrie („Blätter für Kunstgewerbe“, das. 1877); Ilg und Kabdebo, Wiener Schmiedewerk des 18. Jahrhunderts (Dresd. 1878); Fontayne, Kunstschmiedearbeiten (2. Aufl., Berl. 1884); „Die Schmiedekunst nach Originalen des 15. bis 18. Jahrhunderts“ (das. 1884–87, 100 Tafeln); Walther, Die Kunstschlosserei des 16., 17. und 18. Jahrhunderts (Stuttg. 1888); Sales Meyer, Handbuch der Schmiedekunst (Leipz. 1888), Barberot, La serrurerie (Par. 1888). Zeitschriften: „Gewerbehalle“ (Stuttg., seit 1863); „Les métaux ouvrés“ (Paris).