Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Schilfsänger“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 472473
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Schilfsänger. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 472–473. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schilfs%C3%A4nger (Version vom 19.01.2023)

[472] Schilfsänger (Rohrsänger, Acrocephalus Naum.), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel, der Familie der Sänger (Sylviidae) und der Unterfamilie der Schilfsänger (Calamoherpinae), sehr schlank gebaute Vögel mit gestrecktem, schmalem, flachstirnigem Kopf, kleinem, geradem, kegel- oder pfriemenförmigem, auf der Firste sehr leicht gekrümmtem, an den Seiten komprimiertem Schnabel, kurzen, abgerundeten Flügeln, in denen die zweite und dritte Schwinge am längsten sind, mittellangem, keilförmig zugespitztem Schwanz, starken, mittellangen Füßen, kräftigen Zehen und großen, gekrümmten Nägeln. Der Drosselrohrsänger (Rohrdrossel, Wassernachtigall, Rohrsperling, Weidendrossel, A. turdoides Cab.), 21 cm lang, 29 cm breit, oberseits dunkelbraun, unterseits rostgelblichweiß, an der Kehle und Brustmitte heller, Schwingen und Schwanzfedern dunkelbraun, letztere am Ende fahlweißlich gesäumt; das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel hornbraun, unten gelblich, der Fuß bräunlich. Er findet sich in allen wasserreichen Gegenden Süd- und Mitteleuropas und Westasiens, weilt bei uns von Ende April bis September und geht im Winter bis Südafrika. Er lebt an Gewässern, in [473] Schilf und Röhricht, welches er selbst auf der Reise kaum verläßt, ist ungemein beweglich, singt angenehm und sehr fleißig, nährt sich von Insekten, nistet etwa 1 m über dem Wasserspiegel im Röhricht und legt Ende Mai oder im Juni 4–5 bläulich- oder grünlichweiße, sehr dunkel gefleckte und punktierte Eier (s. Tafel „Eier I“), welche von beiden Geschlechtern ausgebrütet werden. In der Gefangenschaft ist er meist hinfällig. Der dem vorigen sehr ähnliche, aber kleinere Teichrohrsänger (A. arundinaceus Bchst.) findet sich in Europa, Westasien und Nordafrika, geht im Winter bis zum Kap, weilt bei uns von April bis August, lebt wie der vorige im Röhricht, aber auch in benachbartem Gebüsch und auf Bäumen und nistet im Röhricht. Er ist weiter verbreitet als der vorige, dehnt sein Wohngebiet mehr und mehr aus und nimmt auch an Menge merklich zu. Die Eier sind grünlich blauweiß, dunkel gefleckt (s. Tafel „Eier I“). Der Uferschilfsänger (A. phragmitis Kaup.), 14 cm lang, 20 cm breit, oberseits fahlbräunlich, Bürzel rostbräunlich, auf Mantel und Schultern dunkel gefleckt, Oberkopf schwarzbraun mit fahlbräunlich dunkel gestrichelten Längsstreifen, mit gelbem Augenstreif, unterseits rostgelblich, Kehle und Bauch weißlich; das Auge ist hellbraun, der Schnabel oberseits schwarz, der Fuß grau. Er bewohnt in Europa und Westasien mit hohem Riedgras bewachsene Ufer, weilt bei uns von April bis Oktober und November, bewegt sich mäuseartig im Ried und hält sich stets soviel wie möglich verborgen. Er nistet am Boden im Gras und legt im Juni 4–6 schmutzig weiße, dunkelbraun gefleckte und punktierte Eier, welche von beiden Eltern ausgebrütet werden (s. Tafel „Eier I“). Er ist schwer zu fangen, hält sich aber in der Gefangenschaft recht gut.