Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Sagan“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 169170
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Sagan. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 169–170. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Sagan (Version vom 18.05.2024)

[169] Sagan, preuß. Lehnsfürstentum und Standesherrschaft in Niederschlesien mit Virilstimme auf dem schlesischen Provinziallandtag, war früher ein Teil des Herzogtums Glogau, von dem es durch Erbteilung der Söhne des Herzogs Heinrich VIII. 1397 getrennt ward, um unter eigne Fürsten zu kommen. Nachdem es 1475 an Kursachsen, 1549 an Böhmen gefallen, verkaufte es Kaiser Ferdinand II. 1627 an Wallenstein. Nach dessen Ermordung eingezogen, ward es 1646 an den Fürsten Lobkowitz verkauft, und von dessen Nachkommen ging es 1787 durch Kauf an den Herzog Peter von Kurland über. Nach dessen Tod 1800 erhielt es seine Tochter, die zuletzt mit dem Grafen Karl Rudolf von der Schulenburg vermählte Prinzessin Katharine Wilhelmine von Biron-S., welche 1839 starb, worauf das Fürstentum an ihre Schwester Pauline, Fürstin von Hohenzollern-Hechingen, fiel, die es 1845 ihrer andern Schwester Dorothea, Herzogin von Talleyrand-Périgord, überließ. Diese vererbte bei ihrem Ableben (19. Sept. 1862) das Fürstentum auf ihren 12. März 1811 gebornen Sohn, den Prinzen Ludwig, der seit 1872 Herzog von Talleyrand-Périgord ist. Es umfaßt einen Flächenraum von 1211 qkm (22 QM.) mit 65,000 Einw. und bildet ungefähr den gleichnamigen [170] Kreis des preußischen Regierungsbezirks Liegnitz. – Die gleichnamige Hauptstadt des Kreises und Fürstentums, am Bober, Knotenpunkt der Linien Sommerfeld-Breslau, S.-Sorau, Lissa-Hansdorf und Neusalz-S. der Preußischen Staatsbahn, 114 m ü. M.,

Wappen von Sagan.

hat eine große evangelische und 3 kath. Kirchen, eine Gymnasialkirche, ein schönes Schloß (einst Wohnsitz Wallensteins, der 1629–30 Kepler hier bei sich hatte) mit Gärten, Treibhäusern, Park und vorzüglichen Sammlungen und (1885) mit der Garnison (eine reitende Abteilung Feldartillerie Nr. 5) 12,010 meist evang. Einwohner, welche starke Tuchfabrikation, Woll- u. Leinweberei, Garnspinnerei, Färberei, Zeugdruckerei, Holzschleiferei, berühmte Oblatenbäckerei, Bierbrauerei und lebhaften Handel betreiben. S. ist Sitz eines Amtsgerichts, einer Reichsbanknebenstelle und hat ein Gymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Präparanden- und eine Strafanstalt. Vgl. Leipelt, Geschichte der Stadt und des Herzogtums S. (Sorau 1854).

Sagan, Dorothea, Herzogin von S., Prinzessin von Kurland und Semgallen, geb. 21. Aug. 1793, Tochter des Herzogs Peter von Kurland und Sagan und der Herzogin Dorothea, geborner Reichsgräfin von Medem (gest. 20. Aug. 1821), Nichte der bekannten Elise von der Recke, hatte früh die bedeutendsten Männer ihrer Zeit zu Verehrern und ward in das Getriebe der europäischen Diplomatie eingeweiht. Durch ihre Vermählung mit Edmund Talleyrand von Périgord, Herzog von Talleyrand und von Dino (22. April 1809), ward sie die Nichte des berühmten Talleyrand und dessen Liebling und spielte infolgedessen zur Zeit Napoleons I. und der Restauration eine sehr einflußreiche Rolle am französischen Hof. Die Ehe war aber unglücklich, und nach dem Tode Talleyrands (1838) verließ sie Paris und begab sich nach dem Herzogtum S., welches sie von ihren Schwestern geerbt hatte. Hier trat sie in ein romantisches Verhältnis zu dem jungen Fürsten Felix von Lichnowski. Friedrich Wilhelm IV., der sie hoch schätzte, verlieh ihr 1845 den Titel einer Herzogin von S. Sie starb 19. Sept. 1862.