MKL1888:Rosten des Eisens
[986] Rosten des Eisens, die Oxydation des Eisens unter dem Einfluß der Atmosphärilien. In trockner Luft hält sich das Eisen bei gewöhnlicher Temperatur unverändert; unter dem Einfluß der in der Atmosphäre stets vorhandenen Kohlensäure und des Wassers bildet sich aber auf dem Eisen zuerst kohlensaures Eisenoxydul, welches durch den Sauerstoff der Luft zu Eisenhydroxyd oxydiert wird. Ist das Eisen völlig mit Wasser bedeckt, so entsteht unter Einwirkung des Metalls auf das Hydroxyd ein schwarzes Oxyduloxyd. Das Eisen rostet vielleicht nur dann, wenn sich flüssiges Wasser darauf niederschlägt; Temperaturwechsel kann also das Rosten beschleunigen, jedenfalls veranlassen selbst geringe Mengen von Schwefelwasserstoff, Chlor, Salzsäure und Essigsäure die schnelle Bildung von Rost. Auch viele Salze wirken so; sie geben Säure an das Eisen ab, welches unter Bildung von basischen Salzen angegriffen wird. Sehr energisch rostet Eisen unter dem Einfluß von Luft und salzhaltigem Wasser, namentlich wenn das Wasser Chlormagnesium, Kochsalz, Salmiak, Chlorkalium und Chlorcalcium gelöst enthält. In gußeisernen Wasserleitungsröhren entstehen oft sehr bedeutende Wucherungen von Eisenhydroxyd, welche die Röhren verstopfen; auch wird Gußeisen durch Seewasser zuletzt in eine graphitartige Masse verwandelt, die nur noch wenig Eisen enthält. Alkalien und Kalkwasser verhindern die Oxydation. Das kohlenstoffreichste harte Gußeisen rostet viel weniger leicht als das kohlenstoffärmste Eisen. Hat sich einmal Rost auf Eisen gebildet, so frißt sich derselbe in das Metall hinein, indem er durch letzteres reduziert und durch den Sauerstoff der Luft wieder oxydiert wird. Das Metall verwandelt sich stets erst auf Kosten des Rostes in Oxydul, und dieses wird dann ebenso wie der reduzierte Rost in Oxyd verwandelt. Um Eisen vor dem Verrosten zu schützen, kann man es unter Wasser bringen, welche kleine Mengen Ätznatron, Ätzkalk, Ammoniak, Soda enthält. Diese Lösungen schützen das Eisen, solange sie noch Kohlensäure absorbieren. [987] Man benutzt sie bei außer Betrieb gesetzten Dampfkesseln, welche mit Kalkmilch oder Sodalösung gefüllt werden. Man kann die Kessel aber auch mit Hilfe der Feuerung austrocknen, Chlorcalcium in nußgroßen Stücken hineinthun und sie dann luftdicht verschließen. Bringt man Eisen in metallische Berührung mit Zink, so nimmt dies den Sauerstoff in Beschlag und verhindert dadurch das Rosten. Der Schutz erweist sich indes für in der Luft befindliches Eisen unzulänglich und ist auch unter salzhaltigem Wasser von geringer Dauer. Nur unter besondern Umständen, wie bei den eisernen Siedepfannen der Salinen, hat sich die Kontaktwirkung des Zinks hinreichend bewährt. Sehr allgemein wendet man schützende Überzüge an und erzeugt z. B. beim Brünieren der Gewehrläufe auf denselben eine dünne, fest haftende Schicht von Eisenoxyd. Noch vorteilhafter ist eine derartige Schicht von Eisenoxyduloxyd, welche man erhält, indem man das Eisen in einer Retorte erhitzt und Kohlenoxyd, mit überschüssiger Luft gemischt, hineinleitet. Hierbei bildet sich Eisenoxyd, und wenn man nun luftfreies Kohlenoxyd zutreten läßt, so wird das Oxyd zu Oxyduloxyd reduziert. Viel verbreiteter ist die Anwendung von Email als Schutzüberzug, auch wird das Eisen mit Zinn, Zink, Kupfer, Blei, Nickel, Silber, Gold und bronzeartigen Legierungen überzogen. Von diesen Metallen wirkt Zink besonders günstig, während Zinn das Rosten befördert, sobald das Eisen an einer Stelle entblößt wird. Am häufigsten benutzt man Anstriche mit Ölfarbe, Lösungen von Harzen in Spiritus und Terpentinöl mit Farben, Mischungen von Mineralfarben mit Talg oder salbenartige Mischungen aus Mineralfarben, Fetten, Harzen, Paraffin, welche vor dem Auftragen erwärmt werden müssen. Andre Anstriche bestehen nur aus Lösungen von Harzen in Teerölen, wieder andre aus Metall- und Erdseifen in geeigneten Lösungsmitteln. Endlich werden auch Zement und zementartige Überzüge als Schutzmittel auf Eisen angebracht.